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Erst kein Strom, dann kein Wasser

In Venezuela erklärt Präsident Nicolás Maduro auch Dienstag und Mittwoch für arbeits- und schulfrei

Von Jürgen Vogt, Buenos Aires

Auch am fünften Tag des Blackouts sind weite Teile Venezuelas ohne Strom gewesen. Zwar konnte die Versorgung in einigen Bundesstaaten und Hautstadtbezirken zwischenzeitlich wiederhergestellt werden. Nachdem aber manche Umspanneinrichtungen und Transformatoren explodierten und ausbrannten, fiel der Strom erneut aus. Staatschef Nicolás Maduro versprach Montagabend, dass sich die Lage „in den kommenden Tagen“ normalisieren werde. Die schul- und arbeitsfrei erklärten Tage wurden bis einschließlich Mittwoch verlängert.

Am Montag kündigte die US-Regierung an, ihr noch verbliebenes Botschaftspersonal aus Caracas wegen der „zerrütteten Lage“ zurückzurufen. „Die Anwesenheit des diplomatischen Personals in der Botschaft hat sich in ein Hindernis für die US-Politik verwandelt“, sagte US-Außenminister Mike Pompeo, ohne genauer zu sagen, was erschwert werde.

Das US-Außenministerium hatte schon am 24. Januar das meiste Botschaftspersonal zurückgerufen, nachdem Maduro die diplomatischen Beziehungen abgebrochen und die US-Diplomaten ultimativ zum Abzug aufgefordert hatte. Seitdem sind noch ein Geschäftsträger und wenige Mitarbeiter in Caracas verblieben. Als Retourkutsche forderte Venezuelas Außenministerium am Dienstag auch deren Abzug innerhalb von 72 Stunden.

Für Maduro ist die Ursache des Stromausfalls ein „elektromagnetischer Schlag“ der USA. Maduro sprach von „Hochverrat“ und kündigte hartes Durchgreifen gegen die „internen Verantwortlichen“ an. „Der Angriff sollte zu einer verzweifelten Situation führen, zu einer Konfrontation zwischen den Venezolanern, um aus dem oppositionellen Parlament heraus zu einer nordamerikanischen Militärintervention aufzurufen.“ Damit zielt er auf Artikel 187 der Verfassung, der die Kompetenzen der Nationalversammlung regelt. Unter Punkt 11 heißt es: „Sie genehmigt den Einsatz venezolanischer Militärmissionen im Ausland oder ausländischer im Land.“

Am Montag hatte die Nationalversammlung mit ihrer oppositionellen Mehrheit den Notstand über das Land verhängt. Damit werden die Streitkräfte aufgefordert, Kraftwerke und das Stromnetz zu schützen. Doch ist das Parlament seit 2016 von Regierung und Justiz entmachtet. Eingereicht hatte die Beschlussvorlage der selbsternannte Interimspräsident Juan Guaidó, zugleich Präsident der Nationalversammlung. Er forderte alle BürgerInnen am Dienstagnachmittag zu Demonstrationen auf.

Inzwischen hat sich die Wasserversorgung zu einen fast noch größeren Problem entwickelt. Weil elektrische Pumpen nicht arbeiten, kommt in vielen Haushalten seit Tagen kein Tropfen aus der Leitung. Händler verkaufen knappes Trinkwasser nur noch gegen Bargeld. Da aber wegen der extremen Inflation das Zahlen mit Bankkarte üblich ist, Banknoten ohnehin knapp sind und Automaten ohne Strom keine Scheine mehr ausgeben, suchen immer mehr Menschen verzweifelt nach Wasser.

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