: Geisterhäuser in der Jarrestadt
In Winterhude stehen etwa 40 Wohnungen leer. Das zuständige Bezirksamt ist bereits aktiv geworden
Marc Meyer, Mieter helfen Mietern
Von Jana Eggemann
Auf vielen Klingelschildern stehen noch die Namen der ehemaligen Mieter. Wohnen sollen die hier aber schon lange nicht mehr. In der Jarrestadt in Winterhude stehen in mehreren Häusern Wohnungen leer. Marc Meyer von „Mieter helfen Mietern“ schätzt die Zahl auf um die 40. Ein Anwohner tritt aus einem der roten Backsteinhäuser. „Wie ein Geisterhaus“, beschreibt er die Wohnsituation.
In Hamburg muss Leerstand, der länger als vier Monate besteht dem Bezirksamt gemeldet werden – das geschah hier offenbar nicht. „Das ist eine rechtliche Zweckentfremdung“, sagt Meyer. Deshalb habe man den „rechtswidrigen Leerstand“ bereits Ende Februar beim zuständigen Bezirksamt angezeigt.
Tom Oelrichs, stellvertretender Bezirksleiter des Bezirksamts Nord, bestätigt auf Anfrage, dass dem Amt die Leerstände bekannt seien: „Wir sind bereits aktiv geworden.“ Generell würde man sich hartnäckig gegen Leerstand einsetzen. „Wir nehmen solche Anzeigen sehr ernst“, sagt Oelrichs. Jedoch gestalte sich die Überprüfung solcher Fälle als schwierig.
Das geht häufig zu Lasten der Mieter. Meyer sagt, dass betroffene Mieter Angst vor Entmietung hätten. „Die sorgen sich, dass sie mit ihrer billigen Miete nicht mehr erwünscht sind.“
Auf einer Immobilienplattform im Internet werden derzeit sechs Wohnungen in der Jarrestadt angeboten. Und die sind teuer; Im Schnitt etwa 24 Euro pro Quadratmeter. Das ist doppelt so viel, wie im Mietenspiegel von 2017 verzeichnet. Die HCM Immobilien GmbH, die die Wohnungen inseriert hat, sieht sich aber lediglich als Vermittler, so ein Mitarbeiter. Für den Preis sei der Vermieter zuständig. Jedoch vermute man, dass die Vermietung für diesen Preis „schwierig“ werden könnte.
Der Eigentümer selbst antwortete auf Anfrage nicht. „Der Bezirk muss jetzt einschreiten“, fordert Meyer. Es müsse eine Soziale Erhaltungsverordnung beschlossen werden. Durch die könnte die Stadt etwa die Umwandlungen von Miet- in teure Eigentumswohnungen verhindern und von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch machen. Laut Oelrichs vom Bezirksamt Hamburg-Nord werde die Möglichkeit einer Erhaltungssatzung bereits geprüft.
Für die verbliebenen Mieter in der Jarrestadt bleibt die Zukunft ungewiss. Aus einer Wohnung im dritten Stock dringen Bohrgeräusche, dann steckt ein Handwerker mit Schutzmaske den Kopf zum Fenster heraus. Vielleicht lässt sich diese Wohnung bald im Internet finden – für 24 Euro pro Quadratmeter.
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