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Leben in der Kabine

Trotz einer 0:2-Niederlage gegen Hannover glaubt Nürnberg an die Wende, die den Tabellenletzten irgendwie irgendwann retten werde

Ganz unten: Hannovers Nicolai Müller (M.) tankt sich vorbei an Nürnbergs Matheus Pereira Foto: dpa

Aus Hannover Christian Otto

Vieles von dem, was der derzeit erfolgloseste Bundesligatrainer zu sagen hatte, klang merkwürdig. Michael Köllner ist mit dem 1. FC Nürnberg kaum noch zu retten. Seine Zukunft als Chefcoach bleibt akut gefährdet. Aber nach der 0:2-Niederlage bei Hannover 96 entwickelte der 49-Jährige eine sonderbare Mischung aus Verschwörungstheorie und Angriffslust. Die frühe Rote Karte (11. Minute) gegen den Nürnberger Mittelfeldspieler Simon Rhein sei ungerechtfertigt gewesen und Teil einer dauerhaften Benachteiligung seines Vereins, „wir haben keine Lobby“. Und überhaupt: Wer in Hannover nicht gewinnt, muss dann eben das bevorstehende Heimspiel gegen den Spitzenreiter gewinnen. „Grundsätzlich kannst du jede Mannschaft schlagen. Jetzt müssen wir uns das gegen Dortmund zurück­holen“, findet Köllner.

Angesichts von 12 gewonnenen Punkten nach 21 Spieltagen kann nur noch ein mittelschweres Wunder den 1. FC Nürnberg vor dem Absturz in die 2. Liga retten. Die Zweifel daran, ob eine weitere Zusammenarbeit mit Köllner noch Sinn macht, mehren sich in der Vereinsführung. Dass der Cheftrainer trotzdem mitten aus dem Abstiegskampf tönt, am kommenden Montag (Anpfiff 20.30 Uhr) in den Titelkampf einzugreifen und Borussia Dortmund Punkte zu klauen, klingt verwegen. Köllners Team hatte sich gegen Hannover 96 in Unterzahl zwar tapfer gewehrt, konnte seine schweren qualitativen Mängel aber nicht verbergen. Den Unterschied in einer mäßigen Partie hatte vor 33.700 Zuschauern zugunsten von Hannover 96 Nicolai Müller ausgemacht. Sein erster Treffer war mit dem Halbzeitpfiff gefallen. Und nach dem 2:0 (77.) hatten die mitgereisten Nürnberger Anhänger ihre Unterstützung eingestellt. Nach der Partie standen sich Spieler und Fans ratlos gegenüber. Es herrschte ein eisiges Schweigen.

Dann eben gegen Dortmund: Ist das eigentlich die pure Verzweiflung eines potenziellen Absteigers? Oder sorgt das jüngste Formtief der Borussia dafür, dass der Respekt vorm eben noch umjubelten Spitzenreiter allmählich nachlässt? Neben Köllner glauben auch die meisten Nürnberger Profis noch an eine Rettung. „Mit uns rechnet ja keiner mehr. Vielleicht liegt darin eine Chance. In unserer Situation müssen wir auch mal einen Big Point holen. Das heißt, nächste Woche gegen Dortmund“, meinte FCN-Torhüter Christian Mathenia. Für einen Tabellenletzten sind das wirklich sonderbare Töne. Aber Mathenia kennt sich im Schattenbereich des Profigeschäftes gut aus. Er hat sich im Vorjahr mit dem Hamburger SV nicht in der 1. Liga gehalten. „Beim HSV war es klar, dass wir absteigen, weil wir keine intakte Mannschaft waren“, erklärt der Schlussmann. In Nürnberg aber sei noch jede Menge Leben in der Umkleidekabine. Und die Mannschaft hat laut Mathenia immer noch Lust, mit Köllner weiterzumachen.

„Elf gegen elf hätten wir gute Chancen gehabt“

Andreas Bornemann, Nürnberg

Als die dritte Halbzeit in Hannover mit Interviews, Meinungen und Nachfragen geschafft war, schlich ein sehr einsamer Mann mit seiner Reisetasche aus dem Stadion: Köllner steht als Cheftrainer in der Kritik, bundesweit wird diskutiert, warum der 1. FC Nürnberg während der Winterpause auf einen Trainerwechsel und Neuzugänge verzichtet hat. Selbst der Doppeltorschütze des Gegners erinnerte den Tabellenletzten an seine Versäumnisse der vergangenen Wochen. Denn während die Nürnberger im Januar als einziger Abstiegskandidat auf eine Nachrüstung verzichteten, holte Hannover unter anderem den früheren Fürther Müller auf Leihbasis von Eintracht Frankfurt. „Ich hoffe, dass der Knoten jetzt geplatzt ist. Ich glaube aber, wir brauchen noch viel mehr, um da unten rauszukommen“, sagte der 31-Jährige.

„Die Mannschaft ist intakt. Deshalb stellt sich die Frage für mich nicht“, das hat Nürnbergs Sportvorstand Andreas Bornemann dem Fernsehsender Sky in die Mikrofone gesagt, als es um die Zukunft des Trainers ging. Köllner verknüpft unterdessen munter den Abstiegskampf mit dem Titelrennen, hofft auf eine neue Chance im Heimspiel gegen den BVB und sieht sich von einer Entlassung weit entfernt. „Ich habe keine ­gegenteiligen Informationen“, sagt der Trainer, auch wenn sich die Gerüchte über eine vorzeitige Trennung verdichten.

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