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wie machen sie das?Die Bestärkende

Peet Thesing, 30, ist Trainerin beim Wendo Marburg e. V. Sie bringt Mädchen und Frauen bei, wie sie sich verteidigen können. Die Wendo-Technik entstand mit der Frauenbewegung der 70er Jahre in Kanada und den USA.

taz am wochenende: Frau Thesing, Sie machen Frauen Mut, ihre Grenzen zu ver­teidigen, im Zweifel auch körperlich. Wie machen Sie das?

Peet Thesing: Mädchen wird oft von klein auf beigebracht, dass sie niemanden verletzen dürfen und vieles hinnehmen müssen. Das ist der Punkt, wo ich ansetze: Jedes Mädchen und jede Frau darf ihre Grenzen verteidigen, auch körperlich.

Das sollte eigentlich klar sein.

Ist es leider nicht immer. Körperlich angegriffen oder vergewaltigt werden Frauen meist im persönlichen Umfeld. Da ist bei vielen Frauen eine Schere im Kopf. Ich mache klar, dass man sich körperlich verteidigen darf, auch wenn man die angreifende Person in einem anderen Kontext mag. Und dann alles einsetzen, was geht: treten, beißen, schlagen.

Was hilft bei anderen Grenzverletzungen?

Dinge benennen. Also „Du starrst mir auf die Brüste“, statt „Ich mag das nicht“. Das hilft, um sich und anderen bewusst zu machen, was grade passiert. Auch im Bus oder auf Familienfeiern, wenn jemand zu nah rückt – Blickkontakt aufnehmen, zeigen: Ich nehme wahr, was du tust. Und dann ansprechen. „Du rückst mir zu nah. Geh bitte etwas weiter weg.“

Was auf der Familienfeier bestimmt auch zur Eskalation führen kann.

Man bittet ja nur darum, dass jemand Abstand hält. Das ist nichts Schlimmes und wird oft auch vom Umfeld gut aufgenommen.

Damit hilft man dann auch der kleinen Cousine, die ebenfalls ständig vom Onkel angemacht wird?

Genau. Mir wird das oft aus dem beruflichen Umfeld berichtet: Da ist dieser eine Kollege mit den ekligen Sprüchen und keine sagt was. Bis eine den Mund aufmacht, dann schließen sich oft andere an.

Werden Frauen in jedem Alter angegriffen?

Der Kontext ändert sich, die Themen bleiben. Das fängt auf dem Schulhof an, wo einem Mädchen der Ball weggenommen wird. Und später dann der unangenehme Kollege, der sexistische Sprüche reißt, oder der Mann vom Seniorenkaffee, der immer einen Tick zu nah ranrückt.

Müssen sich Frauen männlicher verhalten, um gar nicht erst angegriffen zu werden?

Nein. Sie sollen aber wissen, wie sie sich wehren können. Natürlich wäre es eine schöne Vorstellung, dass Männer einfach aufhören, Frauen zu belästigen. Aber das ist noch nicht so. Bis dahin bringe ich Verteidigungstechniken bei, die andere Frauen erarbeitet und ausprobiert haben – und die funktionieren. Interview:Christina Spitzmüller

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