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Weniger Musiker, noch mehr Action

Irrsinns-Duos statt Power-Trios. Pranke aus Berlin und Za! spielten im Schokoladen und alle drehten durch

Von Andreas Hartmann

Für wilden Rock waren jahrzehntelang Trios zuständig. Die englische Band Cream prägte das Format, danach setzten zig sogenannte Power Trios auf die Dreifaltigkeit aus Gitarre, Schlagzeug, Bass. Mehr Wucht durch Reduktion. Doch für immer mehr Musiker sind drei auch schon einer zu viel. Duos sind es jetzt, die den bösesten Krach fabrizieren. Man höre sich nur mal die Zweierformationen Guttersnipe an oder Lightning Bolt, die gerade mit ihrer Wahnsinnsshow beim Club Transmediale aufgetreten sind. Noch weniger Musiker sorgen für noch mehr Action.

Das belegten auch die beiden Duos, die am Donnerstag im Schokoladen auftraten. Pranke aus Berlin und Za! aus Barcelona. Pranke ist das Projekt zweier studierter Jazzmusiker. Eben erst hat die isländisch-deutsche Combo ihr Debütalbum beim Label Staatsakt veröffentlicht. Die Verbindung aus Jazz und Rock ergab bei ihrem Auftritt einen komplexen Mathcore mit Anlehnungen an den guten alten Progrock der Canterbury-Schule.

Der eine bastelte an seinem Schlagzeug mit oft nur einer Hand herrliche Polyrhythmen zusammen, während er gleichzeitig mit der anderen auf einem Synthesizer herumdrückte. Sein Partner stellte sich mit seiner E-Gitarre hin und sang. Im Zusammenspiel ergab das eine dichte, hochkonzentrierte Musik. Vielleicht anfangs etwas technisch und unlocker, aber das änderte sich am Ende ihres Auftritts. Zwei Freaks aus dem Publikum gesellten sich auf die Bühne und stiegen ein in die kleine Lärmorgie, die Pranke gerade veranstalteten. Der eine hatte eine Kuhglocke in der Hand, der andere war bewaffnet mit zwei Rasseln. Lustige Show.

Bald stellte sich heraus: Das waren die zwei von Za!, dem zweiten Duo. Ihre eigene Show begann dann mitten im Kreis des Publikums im ausverkauften Schokoladen. Die beiden Prankster hielten Fernbedienungen in der Hand, mit denen sie irgendwelche Soundquellen steuern konnten. Plumpe Dance-Rhythmen erklangen, wurden via Fernbedienung manipuliert und zum Stottern gebracht.

Dann aber ging es los mit dem reinen Irrsinn. Der eine an den Drums, der andere an der Elektronik. Noise, Jazz, afri­kanische Rhythmen und jede Menge Quatsch wurden grotesk ineinandergekeilt. Der Drummer zog bereits nach fünf Minuten auf der Bühne sein T-Shirt aus. Schon beim altehrwürdigen Jazzfestival in Moers sind die beiden aufgetreten, aber auch im linksautonomen Schokoladen hatten sie sichtbar ihren Spaß. Das wild rockende Publikum sowieso.

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