meinungsstark
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„Neue Autorität“ missverstanden

„Psychodruck auf Klassenkasper“, taz vom 25. 1. 19

Der Artikel ist ausgesprochen ärgerlich. „Neue Autorität“ zielt gerade nicht auf die Disziplinierung des Kindes, sondern auf die Selbstdisziplinierung des Erwachsenen. Sie hilft ihm, eine souveräne und gelassene Haltung dem Kind gegenüber zu finden, Ruhe zu bewahren und sich weder zum Ausrasten noch zu resignativem Nachgeben noch zu Drohungen oder Predigten verleiten zu lassen. Dazu dienen Methoden wie die Verschiebung der Konfliktklärung auf einen späteren Zeitpunkt, wenn die Beteiligten in guter nervlicher Verfassung sind. An die Stelle von Sanktionen und Strafen tritt das Prinzip der Wiedergutmachung. Drohungen, Predigten und Beschuldigungen gegenüber dem Kind werden ausdrücklich abgelehnt. Ich arbeite als Erziehungsberater seit mehr als 15 Jahren mit dem Konzept der „Neuen Autorität“. Es ist ein menschenfreundlicher Ansatz und sehr hilfreich bei der Deeskalation von Konflikten und der Prävention von Gewalt. Der Respekt gegenüber dem Kind ist zentral.

Natürlich kann es passieren, dass das Konzept missverstanden und in verzerrter Form angewandt wird. Das ist aber bei allen pädagogischen Ideen möglich.

Hannes Classen, Hamburg

Wegen einer einzigen Zeichnung?

„Antisemitische Bildsprache“, taz vom 25. 1. 19

Man glaubt es nicht: Wegen einer einzigen Zeichnung ist der Autor der Meinung, Dieter Hanitzsch darf keinen Preis für sein Lebenswerk erhalten. Hanitzsch sei uneinsichtig und hätte „die Kritik von Antisemitismusforschern nicht ernst genommen“. Als ob es da eine einhellige Meinung gäbe! Antisemitismusforscher Prof. Dr. Wolfgang Benz: „Die Karikatur ist unfreundlich gegenüber dem Ministerpräsidenten. Das bedeutet aber nicht: Antisemitismus.“ Die Karikatur verbreitet also zentrale antisemitische Motive? Riesige Ohren zum Beispiel? Also die, die Netanjahu wirklich besitzt? Offensichtlich ist die Wahrnehmung, was als antisemitisch zu gelten hat, stark subjektiv. Erinnert an diesen US- Senator, der auf die Frage, was „Porno“ genau sei, antwortete: „Ich kann Ihnen nicht sagen, was es ist, aber ich erkenne es, wenn ich es sehe.“ Klar ist: Netanjahu hat den ESC propagandistisch genutzt. Und er hat zum Zeitpunkt der Karikatur sehr deutlich mit militärischer Aggression gewunken. Oder wie sonst ist dieses Zitat zu verstehen: „Das Problem Iran sollte man lieber jetzt als später erledigen.“ Frage: Warum wird Dieter Hanitzsch eigentlich nicht wegen Volksverhetzung verklagt? Dann würde endlich vor Gericht geklärt, was es mit seiner Karikatur auf sich hat. Holger Paetz, München

Was hat Hallstein wirklich gedacht?

„Geborgenheit im Chaos“, taz vom 25. 1. 19

Sehr geehrter Herr Knipphals, Sie schreiben: „Robert Menasse hat seine Sehnsucht nach einer post-nationalen europäischen Basis-Erzählung dazu gebracht, dass er seinen eigenen Wunsch mit der Wirklichkeit verwechselt hat.“

Der Hinweis eines Historikers, das, was Menasse ihm unterstellt, habe Hallstein nie gesagt, genügte, um Presse-weit Menasse zu verurteilen. Sie beschreiben diese Verurteilung so, dass Menasse seinem „eigenen“ Wunsch gefolgt, also seinem Privatvergnügen nachgegangen sei.

Er hätte das nicht dürfen, er hätte – ja, was hätte er denn? Alles so lassen, wie es ist? So national, nationaler, am nationalsten? Ist das „die Wirklichkeit“?

Nirgendwo sehe ich ein Bemühen, dem Leser zu erklären, wie Hallstein selber zum „Supranationalen“ stand (so hieß das damals), also zu Denkweisen jenseits des Nationalen. Vielleicht hatte Menasse sich das erhofft. Stattdessen wird er abgefertigt wie ein Schulbub. Hach, wie das die alten Antisemiten freut.

Mein Wunsch, und der geht weit über das Persönliche hinaus, wäre, dass sich jemand die Mühe machte, Hallsteins Einstellung zum „Nationalstaat“ in Europa seriös darzulegen. Das wäre die Antwort an Menasse, die seiner würdig wäre.

Barbara Höhfeld, Frankfurt a. M.