: Entspannter Waldspaziergang
Der Polizei-Großeinsatz im Hambacher Wald ist vorerst vertagt. Will man doch die Ergebnisse der Kohlekommission und des Gipfels bei Bundeskanzlerin Angela Merkel abwarten?
Aus Köln Anett Selle
Eigentlich sollte der Waldspaziergang am Sonntag zu einer letzten Mobilisierung vor Beginn des nächsten Großeinsatzes genutzt werden. Aber nun wird die Begehung des letzten verbliebenen Stücks Hambacher Wald am Braunkohletagebau Hambach vermutlich eher ein kleines Fest. Denn die für Montag angekündigte Räumung der Baumhäuser ist auf unbestimmte Zeit verschoben. Das Bauministerium von Nordrhein-Westfalen sagte den Einsatz vorerst ab.
Anlass sollen „neue Erkenntnisse“ sein, die Mitarbeiter*innen der Stadt Kerpen, des Kreises Düren und der Polizei selbst bei einer Begehung in dieser Woche gewonnen hatten, mit der sie die Räumung vorbereiten sollten. „Die Lage hat sich geändert“, sagte ein Sprecher des Bauministeriums der taz. Zunächst werde man sich die neuen Informationen von den beiden Kommunen berichten lassen.
Was an ihnen so brisant ist, ist nicht öffentlich. Möglicherweise ist das Ministerium zurückgerudert, um Zeit zu gewinnen. Immerhin hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für den 15. Januar die Ministerpräsidenten der vier Länder, in denen noch Braunkohle abgebaut wird, sowie die vier Vorsitzenden der Kohlekommission zu einem Spitzentreffen geladen. Auch ist für Ende Januar die Veröffentlichung erster Ergebnisse dieser Kommission angekündigt, bis Ende März soll das Verwaltungsgericht Köln über mögliche Rodungen im Hambacher Forst entscheiden.
Dass der Großeinsatz diesen Entwicklungen vorgegriffen hätte, hatten unter anderem die Stadt Kerpen, der Kreis Düren und die NRW-SPD kritisiert. Nicht nur Besetzer*innen und Umweltorganisationen begrüßen die Absage, sondern auch die Gewerkschaft der Polizei NRW: „Es ist Zeit für politisches Handeln, nicht polizeiliches. Die Politik muss jetzt endlich eine Entscheidung treffen, wie es mit dem Tagebau und dem Hambacher Forst weitergeht.“
„Natürlich werden wir am Sonntag auch feiern“, sagt Kathrin Henneberger, eine Sprecherin von Ende Gelände. Die Organisation hat gemeinsam mit zahlreichen anderen Verbänden wie AusgeCO2hlt und der Aktion Unterholz zum Waldspaziergang aufgerufen. „Aber primär treffen wir uns, um deutlich zu machen: Hände weg vom Hambi!“ Wer den Wald räumen wolle, lege sich mit der gesamten Klimabewegung an. „Im Angesicht der Klimakrise müssen wir raus aus der Kohle und unsere alten Wälder schützen“, so Henneberger.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen