: Superhelden und smarte Schurken
„Über den Zustand der Welt“ heißt eine kleine Filmreihe im Kino im Künstlerhaus in Hannover. Zu sehen sind drei deutschsprachige politische Filme, die deutlich machen, wie widersprüchlich der Kampf fürs Gute ist
Von Wilfried Hippen
„Über den Zustand der Welt“. Genau genommen kann man in einer Reihe mit einem solchen Thema ja alle nur erdenklichen Filme zeigen. Denn egal wie speziell, geschönt oder subjektiv der Inhalt eines Films auch immer ist, jeder Film macht doch eine Aussage über den Zustand der Welt. Aber in diesen Zeiten ist klar, dass hier nur vom krisenhaften Zustand der Welt die Rede sein kann und so wurden Filme mit einer zivilisationskritischen Thematik ausgesucht. In den kommenden Tagen zeigt das Kommunalkino von Hannover im Rahmen der kleinen Reihe drei politische Filme aus dem deutschsprachigen Raum.
„Bin ich Teil der Lösung oder Teil des Problems ?“ Diese Frage muss sich jeder stellen, der sich um den Zustand der Welt Sorgen macht, und sie ist nicht einfach zu beantworten. Wie komplex und widersprüchlich dieses Problem ist, macht der Schweizer Filmemacher Thomas Haemmerli in seiner Dokumentation „Die Gentrifizierung bin ich“ (21. – 23. 1.) deutlich. Haemmerli hält sich für einen linken rebellischen Freigeist, gehört aber eindeutig zur intellektuellen Elite und nutzt seine entsprechenden Privilegien. Er fliegt viel in der Welt umher, lebt für einige Monate des Jahres in Mexiko und Brasilien.
Zeitgemäßer Superheld
Er unterhält also mehrere Haushalte in verschiedenen Ländern und ist mit seinem Lebensstil dafür verantwortlich, dass sich Stadtviertel verändern, Mieten steigen und seinesgleichen die weniger Zahlungskräftigen verdrängen. Haemmerli analyiert dieses Dilemma in seinem Filmessay auf eine sehr smarte und selbstironische Art und Weise, aber er bleibt dennoch der Schurke seines eigenen Films.
Superman wiederum hat im Zweiten Weltkrieg gegen die Nazis gekämpft – wäre es nicht heute auch wieder Zeit für einen Superhelden, der die Verhältnisse zum Guten wendet? In dem Spielfilm „Lux – Krieger des Lichts“ (24. bis 26. 1.) will ein gewisser Thorsten Kachel dieser Kämpfer für eine bessere Welt sein. Er nennt sich „Lux“ und kämpft beherzt für Obdachlose und gegen Berliner Miethaie.
Bald beginnt ein Team von Dokumentarfilmern, den selbsternannten Superhelden bei seinen Abenteuern zu begleiten, aber dabei wird er immer mehr zu einer naiven lachhaften Figur. Und seine Gegenspieler rächen sich, indem sie ihn in einer peinlichen Situation filmen und die Aufnahmen auf Youtube hochladen. Dieses Spielfilmdebüt von Daniel Wild ist eine Mediensatire mit vielen guten Lachern und Thorsten Kachel wäre tatsächlich ein passender Superheld für unsere Zeiten – wenn er denn nur wirklich einer wäre.
Nichts mehr zu lachen gibt es hingegen in „Guardians of the Earth – Als wir entschieden, die Erde zu retten“ (28. bis 30. 1.). Der Wiener Filmemacher Filip Antoni Malinowski liefert hier eine Chronik der Weltklimakonferenz des Jahres 2015 in Paris. Elf Tage lang versuchten die Vertreter von 195 Ländern zum ersten Mal eine gemeinsame Erklärung zur Begrenzung der globalen Erwärmung zu formulieren. Malinowski versucht mit vielen dramaturgischen Tricks, aus den unzähligen Reden, Kommentaren und Verhandlungen einen halbwegs spannenden Film zu machen.
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