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Zombiefriedhof der Filmklischees

In seiner Neuverfilmung von „Robin Hood“ misslingt dem britischen Regisseur Otto Bathurst eine Parabel auf die Gegenwart

Von Fabian Tietke

Gerade hat „Robin Hood“ seine Geliebte Marian daheim, das Kunstlicht scheint gemütlich durchs Fenster auf die frisch lackierte Kulisse, da klopft es. Der Postbote. Mit einem Brief, auf dem in überdimensionierten Buchstaben, als sollte es auch der kurzsichtige Nachbar von gegenüber lesen können, „Musterungsbescheid“ steht.

Regisseur Otto Bathurst wählt für „Robin Hood“ einen Zugang, der sich von den meisten früheren Verfilmungen absetzt: Statt mit Robin Hoods Kampf gegen die Tyrannei des Sheriffs von Nottingham zu beginnen, zeigt Bathurst Robin von Loxley nach Anbahnung der Liebesgeschichte mit Marian als Teilnehmer eines Kreuzzugs. Loxley muss sich, unterlegt von bassig wummernder Musik, mit seinen Gefährten gegen maschinengewehrartig feuernde Armbrüste durchsetzen, während sie sich im Häuserkampf durch den Nahen Osten morden. Bathurst hat sich bei seiner Darstellung des Mittelalters gegen Akkuratesse und für ordentlich Rumms entschieden. Der Film läuft dabei ziemlich ins Leere.

Nachdem das Armbrust-Maschinengewehr einmal überwunden ist, wüten die Kreuzzügler gegen die Gefangenen. Einzig Loxley hält die Fahne der Menschlichkeit hoch und widersetzt sich den Befehlen, um den Sohn eines der Gefangenen beinahe zu retten. Loxley kehrt nach England und in die gewohnte Handlung zurück: sein Anwesen vom Sheriff geplündert, die Bevölkerung von Sheriff und Kirche ausgenommen bis aufs Hemd.

Rassistischer Sheriff

Mit dem Wechsel zurück nach England plumpsen wir aus dem Steampunk-Mittelalter mit Armbrust-Maschinengewehr in eine Welt mit Anzugträgern wie von heute. Der Sheriff von Nottingham ist zum rassistischen Hetzer geworden. Bathurst wollte aus „Robin Hood“ gern eine Parabel auf die Gegenwart machen, doch der Regisseur ist ein Stümper und sein Film eine nicht enden wollende Aneinanderreihung schlecht inszenierter, lustlos gespielter Belanglosigkeiten zum ewig einfallslosen Crescendo der Filmmusik von Joseph Trapanese. Nicht immer lässt sich die Frage, wozu Filmkritik gut ist, auf Anhieb beantworten. Im Falle von „Robin Hood“ ist sie dazu da, damit möglichst wenige Menschen ihre Lebenszeit mit dem Film verschwenden. Sie zum Beispiel, liebe*r Leser*in, verbringen schon jetzt mehr Zeit mit dem Film, als er verdient, indem Sie diesen Artikel lesen.

Diese Reproduktion toxischer Männlichkeit findet noch immer keine Ruhe

Nach Robins Rückkehr nach England wird er von „John“, einem ehemaligen arabischen Gegner der Kreuzzügler, überredet, eine Doppelstrategie zu fahren: bei Tag Verbündeter des Sheriffs, bei Nacht „the hood“. „John“ heißt eigentlich Yahya, was für Robin, der im Film dumm wie Brot ist, nicht aussprechbar scheint. Aus Sicht der Drehbuchautoren Ben Chandler und David James Kelly ist das ein nicht versiegender Quell der Heiterkeit.

Yahya setzt die Hoffnung auf Robin, weil er hofft, durch den finanziellen Ruin des Sheriffs den Kreuzzug zu torpedieren. Also drillt er Robin in Kampfkunst. Die Trainingssequenz ist ein müder Abklatsch von Jugendactionfilmen der achtziger Jahre wie „Karate ­Tiger“. Diese Trainingssequenzen waren schon in den Filmen jener Zeit ausgesprochen mechanisch. Verlässlich machten sie aus einem halben Hemd, dass das Unglück hatte, aus eigener Konfliktunfähigkeit in eine körperliche Auseinandersetzung mit einem Obermacker gezwungen worden zu sein, seinerseits einen harten Obermacker. Wie auf einem Zombiefriedhof der Filmklischees findet diese Reproduktion toxischer Männlichkeit nach 30 Jahren noch immer keine Ruhe.

Ganz am Schluss macht Bat­hurst seinen Zuschauer*innen noch einmal richtig Angst und eröffnet die Möglichkeit auf eine Fortsetzung. Es gibt keinen Grund, sich „Robin Hood“ auszusetzen.

„Robin Hood“. Regie: Otto Bathurst. Mit Taron Egerton, Jamie Foxx u. a. USA/GB 2018, 116 zähe Min.

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