BGH-Urteil zu gemeinfreien Kunstwerken: Über Fotos entscheidet das Museum

Karlsruhe gibt einem Mannheimer Museum im Streit mit Wikimedia recht. Das Museum hat die Kontrolle über die Darstellung seiner Kunstwerke.

Ein Symbol an einer Wand. Es ist der Bundesadler

Entschied für das Museum: der BGH in Karlsruhe Foto: dpa

KARLSRUHE taz | Museen können verhindern, dass Fotos ihrer Kunstwerke ohne Erlaubnis bei Wikipedia genutzt werden. Dies entschied jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) im Streit des Reiss-Engelhorn-Museums in Mannheim mit einem ehrenamtlichen Mitarbeiter von Wikipedia. Dies gelte auch für Bilder von sogenannten gemeinfreien Kunstwerken.

Der Mann hatte Bilder von Kunstwerken aus dem Mannheimer Museum auf das zentrale Medienarchiv Wikimedia Commons hochgeladen. Dabei hatte er einerseits Fotos aus einem Museumskatalog eingescannt, die ein freier Fotograf im Auftrag des Museums gemacht hatte. Zum anderen hatte er bei einem Museumsbesuch im Jahr 2007 selbst Fotos angefertigt. Das Museum verlangte in beiden Konstellationen Unterlassung und hatte damit in allen Instanzen Erfolg, nun auch beim BGH.

Bei den eingescannten Fotos hat der Wikipedia-Mitarbeiter die Nutzungsrechte des Museums verletzt, entschied der BGH. Zwar ging es um Kunstwerke, die älter als 70 Jahre alt waren und daher nicht mehr unter dem Schutz des Urheberrechts standen. Dies habe aber keine Auswirkungen auf das Urheberrecht des freien Fotografen, der die Kunstwerke im Auftrag des Museums abgelichtet hat. „So ein Foto ist eine geistige Leistung“, sagte der Senatsvorsitzende Thomas Koch, „der Fotograf entscheidet über Standort, Entfernung, Blickwinkel, Belichtung und Ausschnitt der Aufnahme“. Deshalb dürften solche Fotos nicht einfach aus einem Museumskatalog eingescannt werden.

Auch bei den Fotos, die der Mann selbst geknipst hatte, gab der BGH dem Museum recht. Im Museum habe ein allgemeines Fotografierverbot geherrscht. Überall seien Piktogramme mit durchgestrichener Kamera angebracht worden. Das Verbot sei als Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) Teil des beim Eintritt abgeschlossenen Besichtigungsvertrags gewesen. Das Verbot per AGB sei auch wirksam gewesen, da es die Besucher nicht unangemessen benachteilige. Das Museum habe ein berechtigtes Interesse, seine Kunstwerke zu schützen.

Wikimedia zeigte sich über das Urteil enttäuscht. Nun müsse der Gesetzgeber dafür sorgen, dass „die geistigen Schöpfungen früherer Jahrhunderte auch im Digitalen zu Allgemeingut werden“. Dies dürfe nicht vom guten Willen jedes einzelnen Museums abhängen, hieß es auf dem Blog der Organisation.

Fotografieren erlaubt, aber nicht kommerziell

Am Rande der Urteilsverkündung erläuterte Alfried Wieczorek, der Generaldirektor des Mannheimer Museums, wie das Fotografierverbot in der Praxis angewandt wird. „Bei uns darf durchaus fotografiert werden, man muss aber vorher fragen und eine Genehmigung erhalten.“ Wer nur für das eigene Erinnerungsalbum fotografiere, bekäme diese Erlaubnis immer. Eine Veröffentlichung bei Facebook sei davon allerdings nicht umfasst. Der Veröffentlichung solcher Bilder stimme man nur zu, wenn eine kommerzielle Nutzung ausgeschlossen werde. „Das war auch der Konflikt mit Wikimedia“, so Wieczorek, „dort wollte man solche Einschränkungen nicht akzeptieren. Nur deshalb haben wir geklagt.“

Bei professionellen Aufnahmen kann die Erlaubnis des Museums allerdings teuer werden, mindestens 50 Euro pro Bild. Die Kunstwerke würden dann von Restauratoren in einen speziellen Raum gebracht, um andere Werke vor der Lichteinwirkung zu schützen.

Der Konflikt ist nach Darstellung des Mannheimer Museums entstanden, als eine aus dem Museum stammende Richard-Wagner-Darstellung auf Merchandising-Gegenständen wie Tassen, Tellern und T-Shirts in den USA auftauchte. Die US-Produzenten hätten sich offensichtlich bei Wikimedia bedient. (Az.: I ZR 104/17)

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