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Eine Raute ist keine Raute

Von Kersten Augustin

Angela Merkel ist eine immaterielle Kanzlerin und war eine ebenso wenig greifbare CDU-Vorsitzende. Und das, obwohl sie anders als ihre Vorgänger in historischem Materialismus geschult wurde. Vermutlich weiß Merkel als Marxistin, dass Macht sich nicht in einer dicken Zigarre ausdrückt wie beim allerletzten SPD-Kanzler.

Deshalb werden von ihr, wenn sie als Kanzlerin abtritt, nicht viele fassbare Dinge im Gedächtnis bleiben: Über Merkels Blazerkollektion ist alles geschrieben und noch mehr gesagt worden, das exakte Rezept ihrer Kartoffelsuppe bleibt ihr Geheimnis, das in der Uckermark liegt und sie irgendwann mit ins Grab nehmen wird.

Es ist wohl Hilflosigkeit, die dazu führt, dass BeschreiberInnen von Merkel sich gern an ihren Händen festhalten, der Merkel-Raute. Auch über diese ikonische Handhaltung ist alles gesagt – fast alles.

Denn streng mathematisch gesprochen, und das dürfte der Physikerin Merkel entgegenkommen, ist die Merkel-Raute keine Raute. Eine Raute ist definiert als Viereck mit vier gleich langen Seiten. Aber Daumen und Zeigefinger sind nun mal unterschiedlich lang. Streng mathematisch ist die Merkel-Raute ein sogenanntes Drachenviereck. Darüber ließen sich jetzt wunderbare Witze machen: das Merkel’sche Drachenviereck, eine Art Bermudadreieck für männliche Konservative, in dem schon Wolfgang Schäuble verschwand und Friedrich Merz gleich zweimal.

Vermutlich würde Merkel an dieser Stelle dezent darauf hinweisen, dass das Drachenviereck nicht nach einem mystischen Wesen benannt ist, sondern sich an der Form von Lenkdrachen orientiert. Und das ist dann doch wieder eine schöne Vorstellung, dass Angela Merkel schon bald auf Rügen ihren Drachen steigen lässt.

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