berliner szenen: Heiße Chicas und Escobar
Mit einem „Guten Morgen, meine lieben Fahrgäste! Wie geht es Euch heute?“, begrüßt uns der Taxifahrer, nachdem wir das ganze Fotoequipment eines Workshops in den Kofferraum verstaut haben. Es ist Montagfrüh und regnet. „Na, erzählt, was arbeitet Ihr so?“, fragt er weiter. Hoffentlich ist der Kollege, der mir beim Eqipment-Transport hilft, gesprächsbereiter als ich. Doch er schweigt und guckt lieber aus dem Fenster. Ich habe auch keine Lust, mich zu unterhalten, aber wir sind noch im Wedding und haben eine lange Fahrt vor uns. Kreuzberg, Ostbahnhof, Schöneberg. Deshalb erzähle ich ihm, dass wir ein Seminar für Fotograf*innen organisiert haben. „Cool!“, sagt er und fragt, welche Kamera wir ihm empfehlen könnten, mit der er auch Videos für YouTube machen kann.
Als der Kollege aussteigt, steuert der Taxifahrer die Konversation in eine andere Richtung und möchte wissen, woher ich komme und was meine Muttersprache ist. „Ich wollte schon immer Spanisch lernen!“, ruft er fast brüllend und zeigt sich enttäuscht, als ich ihm sage, dass ich keine Zeit habe, ihm Spanisch beizubringen. Na gut, dann sollte ich ihm zumindest verraten, wie er am besten einen Tandem-Partner bekommt. Meine Tipps schaut er sofort auf seinem Handy nach. Er hoffe, dass es bei Spanisch anders als beim Arabischen so sei, dass alle Hocharabisch lernen und sich trotzdem nicht verstehen können. Das sei nicht so, beruhige ich ihn.
Als nächstes fragt er, wie alt ich bin und ob ich Mann und Kinder zu Hause habe. Er wartet auf meine Antwort eine Weile, doch sie kommt nicht. Dann sagt er plötzlich: „Weißt du, warum ich unbedingt Spanisch lernen will?“ Ich schüttle den Kopf. „Um heiße chicas zu kriegen. Und Pablo Escobar auf Spanisch zu gucken. Davon träume ich schon immer.“
Luciana Ferrando
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