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Klassiker mit Klavier

In dieser Woche werden in den Kinos der Region erstaunlich viele Stummfilme mit live gespielter Begleitmusik gezeigt

Von Wilfried Hippen

Die Saison der Filmfestivals endet in dieser Woche mit dem 30. Hamburger Nachwuchsfestival „Abgedreht“ im Hamburger Metropolis und der kulturelle Weihnachtsschlummer beginnt erst kurz vor dem 24. Dezember. Vielleicht ist diese Terminlücke der Grund dafür, dass in den nächsten Tagen ungewöhnlich viele Stummfilme in der Region gezeigt werden.

Dabei reicht die Bandbreite von Kurzfilmen der Avantgarde der 20er- und 30er-Jahre über den altbekannten Slapstick­abend bis zu Klassikern von Fritz Lang und Carl Theodor Dreyer. Jedes Mal wird das Programm mit Livemusik begleitet.

Bei der Programmreihe „Stummfilm + X“ steht am heutigen Donnerstagabend um halb neun im Bremer City 46 die Live-Performance sogar im Vordergrund. Denn für das Programm „Kurzfilme der Avantgarde“ mit Werken von Man Ray, James Sibley Watson und Melville Webber stehen Künstler und Musiker des interdisziplinären Kollektivs „Loten“ aus Bremen vor der Leinwand. Diese improvisieren zu den Filmen und ihre Aufführungen können Wort, Klang, Gebärde oder Skulptur beinhalten. Hier kann man also kaum noch von Begleitung der Stummfilme sprechen, sondern eher davon, dass diese die zeitgenössischen Künstler inspiriert haben.

Viel konventioneller, aber deshalb nicht weniger sehenswert ist das „Stummfilmkonzert mit Pianobegleitung“ im Oldenburger Cine K am Sonntagnachmittag um drei. Auf dem Programm stehen jeweils ein Kurzfilm der klassischen Stummfilmkomiker Charles Chaplin, Buster Keaton und Harold Lloyd. Das Piano spielt Ulla Schmidt.

Das Kieler Kino in der Pumpe führt gleich eine kleine Werkschau mit Filmen von Fritz Lang auf. Das Programm beginnt am Freitagabend um halb neun mit Langs wenig gezeigtem Frühwerk „Vier um die Frau“ – eine Mischung aus Liebes- und Gaunergeschichte, die Filmhistoriker als eine Vorstudie zu Langs Mabuse-Filmen einordnen. Am Klavier ist der Kieler Filmwissenschaftler und Jazzmusiker Dr. Willem Strank zu hören.

Strank begleitet auch am Montagabend um halb neun „Siegfried“, den ersten Teil von Fritz Langs „Die Nibelungen“ mit seinen Art-Deco-Kostümen und expressionistischen Kulissen. Am Dienstag folgt dann der zweite Teil „Kriemhilds Rache“. Dieser wird von Dr. Werner Loll auf dem Klavier begleitet. Loll ist der wohl bekannteste Stummfilmbegleiter des Landes und für ihn schließt sich mit dieser Vorführung ein Kreis, denn 1987 begann der Musikwissenschaftler und Komponist diese Seitenkarriere im Kommunalen Kino in Kiel.

Die US-amerikanische Cellistin Lori Goldston hat sich intensiv mit dem letzten Stummfilm von Carl Theodor Dreyer „Die Passion der Jeanne d‘Arc“ beschäftigt. Am Samstagabend wird sie ab 20.30 Uhr diesen expressionistischen Historienfilm, der fast nur aus Großaufnahmen besteht, live im Kino im Sprengel in Hannover vertonen.

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