: Wo’s fehlt
SCHULDEN Von Griechenland bis Spanien
BERLIN taz | Die europäischen Politiker versichern immer wieder, dass sie „alles“ tun werden, um den Euro zu retten. Aber was bedeutet das? Dies hängt davon ab, wie sich die Eurokrise in den einzelnen Ländern in den nächsten Monaten entwickelt.
Griechenland wird einen weiteren Schuldenschnitt benötigen. Denn trotz der Rettungspakete klafft wieder eine Finanzierungslücke von etwa 30 Milliarden Euro. Allerdings dürfte es noch dauern, bis sich die Europäer zu einem zweiten Schuldenschnitt durchringen. Der Grund: Inzwischen liegen rund 80 Prozent der griechischen Schulden bei öffentlichen Institutionen – also bei IWF, EU, EZB und den Rettungsschirmen. Daher wird es vorerst nur zu einer Politik der kleinen Schritte kommen, indem Griechenland mehr Zeit erhält, seine Sparpolitik umzusetzen. Zeitpunkt: Spätestens im November muss die nächste Tranche fließen, sonst ist Griechenland pleite.
Zypern benötigt ebenfalls Unterstützung, weil seine Banken sehr viel Geld an Griechenland verliehen haben. Der Bedarf wird auf bis zu 10 Milliarden Euro geschätzt. Das Land hat Ende Juni einen Antrag an den Rettungsschirm gestellt. Zeitpunkt: Die Details des Hilfsprogramms sollen im Oktober geklärt sein.
Slowenien steht bisher nicht im Fokus, muss aber eine Immobilienblase bewältigen. Eurogruppen-Sprecher Juncker rechnet zwar nicht damit, dass das Land einen Hilfsantrag stellt. Der slowenische Regierungschef Jansa warnte allerdings, dass sein Land bald bankrott sein könnte. Möglicher Zeitpunkt laut Jansa: noch im Oktober.
Portugal hat bereits ein Jahr Aufschub erhalten und muss erst 2014 sein Defizit auf unter 3 Prozent der Wirtschaftsleistung drücken. Allerdings dürfte dies kaum zu erreichen sein. Momentan schrumpft die Wirtschaft um 3,3 Prozent. Hunderttausende haben am Wochenende dagegen protestiert, dass ihre Löhne um weitere 7 Prozent gekürzt werden sollen. Neuverhandlungen dürften unumgänglich sein. Zeitpunkt: im nächsten Jahr.
Spanien muss seine maroden Banken rekapitalisieren. Allerdings ist die Summe unklar. Der IWF geht von 40 Milliarden aus, die Eurozone hat 100 Milliarden bewilligt. Ein Stresstest soll Klarheit bringen. Zeitpunkt der Veröffentlichung: nächste Woche.
Die Sparbemühungen in der Eurozone verstärken die Rezession, die auch in Deutschland ankommt. Die hiesige Wirtschaft beginnt zu schrumpfen. Zeitpunkt: ab dem dritten Quartal.
Ein Krisenherd ist immerhin beruhigt: Die Zinsen für Italien und Spanien sinken, obwohl die Europäische Zentralbank noch keine Staatsanleihe gekauft hat. Es reichte, dass EZB-Chef Draghi angekündigt hat, im Notfall „unbegrenzt“ einzugreifen. Damit war die Panik bei den Anlegern vorerst vorbei. Da die Zinsen sinken, können Italien und Spanien ihre Staatsschulden problemlos bedienen. In diesem Fall war es also kostenlos, die Eurokrise einzudämmen. ULRIKE HERRMANN