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heute in bremen„Rechte Gewalt kein Phänomen der 1990er“

Patrick Lohse,

35, ist Teil des Filmkollektivs „PRSPCTV Productions“, das den Film realisiert hat.

Interview André Zuschlag

taz: Herr Lohse, was verbirgt sich hinter dem Filmtitel „Der zweite Anschlag“?

Patrick Lohse: Ibrahim Arslan, einer der Protagonisten des Films, der als Kind den Brandanschlag von Mölln 1992 überlebte, spricht von einem ersten und einem zweiten Anschlag, den er erlebt hat. Der erste war das rassistische Attentat. Das, so sagt Ibrahim im Film, kann man nicht verhindern. Als den zweiten Anschlag beschreibt er den Umgang von Justiz und Presse nach rassistischen Taten. Die Verdächtigungen der Opfer durch die Polizei, Bezeichnungen wie „Döner-Morde“ – ganz allgemein: den Umgang mit diesen Taten, die häufig eben nicht ein rassistisches Motiv in den Blick nehmen. Der zweite Anschlag ist all das, was schiefgelaufen ist.

Es kommt im Film auch Gülüstan Ayaz-Avcı zu Wort, deren Mann 1985 von Nazis in Hamburg ermordet wurde. Warum hat diese Tat heute noch Relevanz?

Uns war es extrem wichtig zu zeigen, dass die Gewalt kein Zeitphänomen der 1990er-Jahre ist. Es gibt Kontinuitäten, von den 80ern und 90ern über die 2000er-Jahre bis heute. Damit, dass Gülüstan Ayaz-Avcı im Film zu Wort kommt, wollten wir auch zeigen, dass diese Kontinuitäten schon älter sind, als man gemeinhin annimmt. Im Übrigen zeigt es auch, dass diese vielen Taten nicht nur in Ostdeutschland stattfanden. Hamburg, Solingen und Mölln sind Beispiele dafür.

Kannten sich die Protagonist*innen vor dem Film schon?

Zum Teil ja. Ganz wichtig war das NSU-Tribunal, das 2017 in Köln stattfand. Das war für viele der Betroffenen ein Vernetzungspunkt. Um zu sehen und zu zeigen, dass man nicht allein ist, sondern gemeinsam für die Ziele kämpft.

Im Film erzählt Osman Taşköprü von dem Mord an seinem Bruder Süleyman, den der NSU 2001 in Hamburg beging. Ibrahim Arslan schildert seine Erinnerungen an den rassistischen Brandanschlag von Mölln 1992. War der Film auch eine persönliche Verarbeitung des Geschehenen für die Protagonist*innen?

„Der zweite Anschlag“: Film und Diskussion, 19.30 Uhr, Schauburg, Vor dem Steintor 114

Das können nur die Betroffenen selbst beantworten. Wir wollen für eine Sichtbarmachung der Geschichten der Protagonist*innen sorgen. Aber klar, das war für manche eine Kraftprobe, und es braucht Mut, darüber zu sprechen. Manche befreit es, wenn sie noch mal über das Geschehene reden, aber das ist bei allen extrem unterschiedlich.

Gab es auch Opfer und Betroffene, die nicht über das Erlebte reden wollen?

Einige haben zuvor schlechte Erfahrungen gemacht, wenn sie in der Presse vom Erlebten erzählten. Da fühlten sich manche falsch dargestellt oder es entstand ein aus ihrer Sicht falscher Eindruck. Deshalb war der Zugang für uns anfangs auch schwierig. Aber wir kommen ja nicht aus der journalistischen Ecke und haben andere Fragen gestellt.

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