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Gefährlich mit dem „I-Wort“ gedribbelt

Basketball-Bundesligist Brose Bamberg entlässt wegen „finanzieller Unregelmäßigkeiten“ seinen Geschäftsführer fristlos. Die Liga ist aufgeschreckt, die Staatsanwaltschaft prüft den Fall

Aus Bamberg Helmut Reister

Ende des Jahres hätte Rolf Beyer, Geschäftsführer der Bamberger Basketball GmbH, die den Spielbetrieb des Bundesligisten Brose Bamberg organisiert, sein berufliches Engagement beim oberfränkischen Vorzeigeverein ohnehin beendet. Von sich aus. Nun aber sorgte sein Arbeitgeber mit einer fristlosen Kündigung für einen durchaus überraschenden Beschleunigungseffekt bei der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses.

Einer etwas dürren, gerade mal 13 Zeilen langen Erklärung des Vereins sind die Gründe für den Rauswurf nur in relativ grober Form zu entnehmen. Von „finanziellen Unregelmäßigkeiten“, die nicht weiter erklärt werden, ist darin die Rede. Auch Nachfragen beim Pressesprecher des Vereins, Thorsten Vogt, ändern an diesem nachrichtlichen Defizit nichts.

Dafür erfährt man durch die Mitteilung, dass die „finanziellen Unregelmäßigkeiten“ ein so gigantisches Loch in die Kasse gerissen haben sollen, dass der Verein mit der Insolvenz zu kämpfen habe. Eine akute Bedrohung scheint jedoch erst einmal vom Tisch zu sein. „Durch fortwährende Unterstützung durch die Brose-Gruppe und den Aufsichtsratsvorsitzenden Michael Stoschek persönlich – außerhalb der erheblichen Sponsoringleistungen – kann die Gesellschaft vor einer Insolvenz gerettet werden“, beschreibt der Verein die Rettungsbemühungen.

Michael Stoschek ist Aufsichtsratsvorsitzender und Miteigentümer des Vereins, „nebenbei“ auch noch milliardenschwerer Unternehmer aus Bambergs Nachbarstadt Coburg. Seinen etwas exzentrischen Führungsstil bekamen bei den Brose Baskets schon etliche Führungskräfte mit einem vorzeitigen Rauswurf zu spüren.

Als die Brose Baskets nicht mehr Meister wurden, fuhren sie ein wirtschaftliches Minus ein

Beyer, der jetzt entlassene Geschäftsführer, genoss jahrelang das Vertrauen seines „Übervaters“. Stoschek hatte den leitenden Angestellten seines Unternehmens 2014 auf den Managerposten bei den Brose Baskets gehoben und damit zumindest vorübergehend ein glückliches Händchen bewiesen.

Drei Jahre lang blieben die Bamberger Basketballspieler unter seiner Geschäftsführung ungeschlagen, wurden dreimal in Folge deutscher Basketballmeister, dazu auch noch Pokalsieger.

Mit dem Ende der Erfolgswelle in der vergangenen Saison kühlte offensichtlich auch das Verhältnis zwischen Stoschek und Beyer merklich ab. Vor gut einem halben Jahr signalisierte Beyer dann erstmals Abwanderungsgelüste, im September machte er mit einer Kündigung zum Jahresende Ernst.

Ein Geheimnis ist es nicht, dass die Brose Baskets in der vergangenen Saison nicht nur nicht Deutscher Meister wurden, sondern auch ein wirtschaftliches Minus einfuhren. Rolf Beyer war es selbst, der darüber im Sommer sprach. Ein nicht eingeplanter Trainerwechsel und einige nicht vorgesehene Spielereinkäufe belasteten das Budget, das ohnehin niedriger war als in den Vorjahren. Stoschek hatte seine Finanzierung um mehrere Millionen gekürzt.

Anhaltspunkte dafür, dass das jetzt geoutete Loch in der Kasse existenzbedrohliche Ausmaße erreicht hat, gab es bis zur Erklärung des Vereins am Mittwochabend nicht. Selbst Stefan Holz, der Boss der Basketball-Bundesliga, fiel eigenen Worten zufolge „aus allen Wolken“, als er jetzt davon hörte. Ganz offen kritisierte er den Bamberger Verein dafür, dass er angesichts der undurchsichtigen Lage „mit dem I-Wort“ hantiere. Jetzt hat er einen Bericht über die Vorgänge in Bamberg angefordert.

Die von der Vereinsführung ins Spiel gebrachten „finanziellen Ungereimtheiten“ interessieren inzwischen auch die zuständige Staatsanwaltschaft in Hof. Ein offizielles Ermittlungsverfahren wurde zwar noch nicht eingeleitet, aber Behördensprecher Robert Steiniger erklärte, dass die Wirtschaftsabteilung der Staatsanwaltschaft den Fall auf strafrechtliche Relevanz hin überprüfe.

Beyer selbst will sich im Augenblick nicht zu seiner Entlassung äußern. Immerhin steht mit Arne Dirks sein Nachfolger schon seit Wochen fest. Ob er seinen für den 1. Januar geplanten Einstieg vorziehen will, ist offen.

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