: Das Aluminium unter den Hölzern
Paulownia wächst nicht in den Himmel, viele Akteure versprechen sich vom dem Baum dennoch gute Qualität und hohe Erträge
Von Dierk Jensen
Ursprünglich kommt er aus Südbulgarien. Später studierte Vesselin Mihaylov Germanistik in Heidelberg, heute lebt er in der Stadt Russe am Südufer der Donau, die in ihrem schönen Stadtkern mit beeindruckender Architektur aufwartet. Mihaylov spricht perfektes Deutsch, ist belesen und seit einigen Jahren Pionier des Paulownia-Anbaus in Bulgarien. So managt er als Mitarbeiter der PLAN 8 GmbH aus dem schleswig-holsteinischen Eckernförde eine im Jahre 2015 mit der schnell wachsenden Baumart angelegte Plantage. Sie liegt rund 60 Kilometer südöstlich von Russe, inmitten einer weitläufigen, flach hügeligen Ackerlandschaft, in der hauptsächlich Raps, Sonnenblumen und Getreide wachsen.
Im Auto, auf dem Weg zur Plantage, erzählt Mihaylov, der in der Vergangenheit einige Solar- und Windenergieprojekte für die PLAN 8 GmbH in Bulgarien anschob, über den Einstieg in den Anbau der Paulownia, die auch synonym Kiri- oder Kaiserbaum bezeichnet wird. Seine Kollegen in Deutschland waren seit Längerem schon fasziniert von den besonderen Eigenschaften dieses Baums und wollten ihr Portfolio im Bereich der erneuerbaren Energien um den Anbau des nachwachsenden, kohlenstofffixierenden Rohstoffs Paulownia erweitern. Und zwar nicht für die Bereitstellung von Bioenergie, sondern vielmehr zur Herstellung von Wertholz etwa für den Bootsbau, für Surfbretter oder Instrumente.
Dafür eignet sich das helle Holz, weil es extrem leicht ist und deshalb als „Aluminium unter den Hölzern“ gilt. „Wir entschieden uns schließlich 2014, passende Flächen für die Paulownia zu finden“, so der 52-Jährige am Steuer, „nach mehreren Anläufen konnten wir dann Agrarflächen vom ersten bulgarischen Kosmonauten Georgi Ivanov erwerben. Im Herbst 2015 pflanzten wir die ersten Setzlinge, im darauf folgenden Frühjahr ging die Pflanzung weiter.“ Heute umfasst die Plantage eine Gesamtfläche von 63 Hektar; im Reihenabstand von vier Metern stehen die Bäume, rund 800 Exemplare pro Hektar.
Nach einer Stunde Fahrzeit von Russe bei der Plantage angekommen, fallen als Erstes die schnurgerade nach oben wachsenden Stämme auf. Schon nach drei Vegetationsperioden sind die großblättrigen Bäume mehrere Meter in die Höhe geschossen. Dafür müssen die seitlichen Triebe neben den extrem großen Blättern abgeschnitten werden. Für diese wiederkehrende Arbeit hat der Plantagenmanager eine Gruppe von Frauen engagiert. Sie gehören den Pomaken an, die eine ethnische Minderheit muslimischen Glaubens in Bulgarien sind.
Nach Monaten sommerlicher Hitze fällt an diesem Tag Ende August der erste Regen. Die Erde riecht intensiv. Gearbeitet wird trotzdem, die Frauen schützen sich mit dünnen Plastikumhängen. „Obwohl wir mit 700 Liter pro Quadratmeter Jahresniederschlag hier relativ günstige Bedingungen vorfinden, ist die komplette Plantage mit Tropfbewässerung ausgestattet“, erklärt Mihaylov. Neben der Wasserversorgung und dem ständigen Ausgeizen der Seitentriebe muss die Plantage auch immer wieder gemäht werden, damit die Bäume unbeeinträchtigt in den Himmel wachsen können. Wie wichtig dies ist, kann Bernd Stimm vom Lehrstuhl für Waldbau an der Technischen Universität München gut nachvollziehen: „Wir haben die Paulownia testweise in bayerischen Wäldern gepflanzt und die Erfahrung gemacht, dass sie sich gegen Brombeeren, Himbeeren und anderer Vegetation nicht durchsetzen kann.“
Dennoch zeigt der Forstwissenschaftler sich durchaus offen zum Wertholzbaum, der in Deutschland unter anderem auch von der Firma WeGrow auf landwirtschaftlichen Flächen gepflanzt und promotet wird. Zwar erwartet Stimm keine Wunderdinge von der Paulownia und ist auch eher skeptisch gegenüber den kommunizierten Wachstumsraten, doch äußert er sich angetan über die Holzqualitäten, „die sind schon enorm“.
„Man muss schon auf vieles achten, beispielsweise darauf, dass die Rinde bei stark differierenden Temperaturen nicht aufreißt“, räumt denn auch Mihaylov auf der bulgarischen Plantage ein „die Paulownia ist schon pflegeintensiv“. Trotzdem ist er sehr zufrieden mit dem bisherigen Wachstum. Er erwartet eine erste Ernte in etwa zehn Jahren. Dann sollen die Stämme sechs bis acht Metern lang sein und einen Durchmesser von mindestens 45 Zentimetern aufweisen. Das geerntete Holz bringe für alle beteiligten Investoren eine Eigenkapitalrendite von rund 9 Prozent. So lautet zumindest die Beteiligungsofferte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen