wortwechsel
: Gesucht: Frau oder Mann für das politische Morgen

Über Personalfragen in Partei und Regierung, über Baggi und Hambi, über Irland und die EU im Allgemeinen. Viel Post, viel Meinung

Er wird auffällig in vielen Medien gehypt: Folgt Merz auf Merkel? Foto: dpa

Merzula ist zurück

„Traumboy der Linken“, taz vom 1. 11. 18

Sehr gut getitelt heute! Und in der Tat, nicht nur der Linken, sondern auch unserer gebeutelten Mitte-SPD kann nichts Besseres passieren als diese ausgerechnet an Halloween verkündete Rückkehr des Untoten Friedrich Merzula aus dem finsteren Reich der Finanzbranche.

Annegret Kramp-Karrenbauer sollte ab sofort eine Halskette aus Knoblauchzehen tragen! Schauderliche Grüße, Jörg Paul Rachen, Weiterstadt

First Gockel

„Die Männerattitüden“, taz.de vom 31. 10. 18

Die CDU will Volkspartei sein und bleiben. Deshalb sollte sie jetzt keinesfalls ausschließlich nach rechts schielen. Vielmehr gilt es, den liberalen Konservatismus mit dem Linksliberalismus konstruktiver in Einklang zu bringen. Denn die Herausforderungen der Zukunft sind ohne die sozialverträgliche Gestaltung einer nachhaltigen Symbiose zwischen Ökonomie und Ökologie nicht mehr zu bewältigen.

Friedrich Merz verfügt ganz zweifellos über einen brillanten Intellekt und rhetorischen Scharfsinn, er ist konservativ und wirtschaftsnah und damit nachvollziehbar erste Wahl und Mann der Stunde für alle, die eine nunmehr starke Mitte-rechts-Ausrichtung der CDU einfordern.

Doch der Mann für das politische Morgen Deutschlands und Europas ist er nicht. Und ein „First Gockel“ wird in Deutschland an derart exponierter Stelle klugerweise wohl kaum vermisst; von denen gibt es ohnehin schon genug, etwa in der Autoindustrie.

Matthias Bartsch, Lichtenau-Herbram

Im „neuen“ Kleid

„Die Rechte als lumpige Farce“, taz vom 24. 10. 18

Die Zielsetzungen der AfD als Wiedergänger des alten DDR-Konformismus im „neuen“ Kleid zu entlarven, ist Georg Seeßlen überzeugend gelungen. Seine Idee, die Strukturen der neuen Rechten mit denen der früheren DDR zu vergleichen, hat mir völlig neue Argumenta­tions­grundlagen für künftige politische Überzeugungsarbeit zur Verfügung gestellt – großartig! A. Kling, Mainz

Trotz alledem

„Ganz großes Finale“, taz vom 30. 10. 18

Ja, Herr Löwisch, das ist es eben, was die taz ausmacht: Wie oft habe ich mich geärgert, Artikel vollkommen daneben gefunden, falsche Tendenzen beklagt …aber, wenn es darauf ankommt, dann wird es schlüssig und klug, wie Ihr Kommentar es belegt.

Auch bei Angela Merkel habe ich nicht verstanden und verstehe es bis heute nicht, warum sie Autokanzlerin blieb, warum nicht früh genug Alternativen betreiben, Arbeitsplätze im öffentlichen Verkehr schaffen, die Schienen nicht verkommen lassen. Warum E-Mobiltät – auch noch mit dem Bonus abgasfrei forcieren – obwohl diese Elektrizität schadstoffreich aus Braunkohle, Öl, Gas, mit AKWs produziert wird.

All dieses! Aber trotz alledem und alledem sah ich keine so richtige Alternative für diese schwierige Zeit. Und nun? Angela Merkel betrachtet den Fall Angela Merkel! Wer könnte so einen Satz erfinden außer Herlinde Koelbl oder/und Georg Löwisch. Ihren Kommentar werde ich bewahren und sehen, ob ich mich nach Angela Merkel werde sehnen müssen.

Marion Ernsting, Steinhagen-Brockhagen

Eine Note von Verrat

„verboten“, „Dreifache Angriffsfläche“, taz vom 25. 10. 18

Es ist doch wohl klar, dass der „Kohlekumpel“ mit seinem „Baggi bleibt“ den Infantilismus in dem Wort „Hambi“ und überhaupt den Sprachinfantilismus der jungen Generation mit ihren „Studis“, „Erstis“ (Erstsemester) etc. persiflieren wollte. Der „verboten“-Kolumnist will das jedoch nicht anerkennen, sondern schiebt den Infantilismus dem Kohlearbeiter zu – mit der grandiosen Begründung, dass sich „Hambi“ zum Skandieren eigne, „Baggi“ aber nicht!

Solche blinde Parteilichkeit ist in der taz leider immer öfter zu bemerken – in derselben Ausgabe zum Beispiel in dem Beitrag von Jasmin Kalarickal, mit dem sie die Kritik an der Rolex der Staatssekretärin Sawsan Chebli zu delegitimieren versucht – natürlich mit dem Vorwurf des „antimuslimischen Rassismus“ und der Frauenfeindlichkeit. Daher der Satz (im Original leider ziemlich unlogisch), dass in „sexistischer Tradition“ die Frauen daran gehindert werden sollen, „einen tiefen Ausschnitt oder eine Rolex zu tragen“. „Klassismus“ – auch so eine Art Rassismus, wie schon der sprachliche Anklang klar machen soll –, das heißt die Diskriminierung aufgrund der sozialen Herkunft, ist die dritte Komponente. Aber vielleicht ist der Zusammenhang mit der Klasse, aber in anderer Weise, doch das Entscheidende. Gerhard Schröder – weder Muslim noch Frau – wurde wegen seiner teuren Anzüge und Zigarren angefeindet. Kalarickal schreibt mitfühlend von der Entfremdung, die Aufsteiger, die sich weit von ihrem Ursprungsmilieu entfernt haben, „quasi als Preis für den gesellschaftlichen Aufstieg“ zu bezahlen haben. Sie erwägt aber nicht, wie sich diese Entfremdung von unten ausnimmt, wenn es sich bei den fraglichen Aufsteigern um gewählte Volksvertreter der SPD, der Partei der kleinen Leute also, handelt. Dann nämlich hat sie eine Note von Verrat.

Dass dieses Gefühl auch gegenüber Volksvertretern im weitesten Sinne und unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit wach ist, musste zum Beispiel Bundespräsident Scheel erfahren, der seinerzeit heftig für seine ungarischen Maßschuhe (Kostenpunkt 700 Mark) kritisiert wurde. Burkhard Ganzer, Palzem

Es hat sich viel getan

„Iren wollen lästern dürfen“, taz vom 25. 10. 18

Da hat sich Ralf Sotscheck etwas vergriffen: Im Gesetz „Civil Service (employment of women) act 1973“ wurde der automatische Rausschmiss von Frauen aus dem öffentlichen Dienst bei Heirat abgeschafft. Mittlerweile dürfen auch gleichgeschlechtliche Ehepartner im öffentlichen Dienst arbeiten. Es hat sich viel getan auf der grünen Insel, seit ich im Jahr 1981 hierhergezogen bin.

Otto Kunze, Bandon, Co Cork, Irland

Schafft „Europa“ ab

„Italien kontert EU mit Schuh-Protest und Häme“, taz vom 25. 10. 18

Klar, wir brauchen Europa, Italien braucht Europa – aber brauchen wir die EU? Anscheinend dreht sich alles nur ums Geld – die EU macht Europa erpressbar. Und das darf nicht sein. Möglicherweise leben die Menschen in Europa besser und glücklicher mit einer Nato ohne Europaparlament. Die undurchschaubaren Machenschaften und Vorgehensweise der EU sind unkontrollierbar, jeder in Deutschland hat das Gefühl, für gleich ganz Europa mitzuarbeiten. Ehrlich, schaffen wir dieses Konstrukt, das nur Geld und Nerven kostet, zugunsten von mehr Lebensqualität doch einfach ab! Claudia Großklaus, Hattingen

Da bin ich ratlos

„Das Krebs-Rundumpaket“, „Toxisches PR-Desaster“, taz vom 24. 10. 18

Das Krebsproblem scheint trotz aller schlimmen Folgen für den Einzelnen nicht die Hauptsache zu sein. Dass viele Millionen (Milliarden?) Äcker mit Glyphosat vergiftet werden (und das wohl hauptsächlich, damit Geld gemacht wird, besonders bei Monsanto, jetzt Bayer, deren Aktionären und bei den Großbauern), beunruhigt mich mehr.

Gut ist, dass Bayer bei Millionenstrafen und Tausenden von Geschädigten sich etwas einfallen lassen muss, wenn die Firma nicht untergehen will. Schlecht ist, dass – sollte Glyphosat verboten werden – die nächste Giftspritze ins Haus steht. Und es wenden ja auch die Kleinen das Mittel an. Satt werden ist ja ganz schön, aber Leben, gesünder und länger, wäre doch auch was! Da bin ich ratlos! Rolf Jakob, Überlingen