: Der Schnee ist gut, der Rücken bremst
Am Wochenende startet in Österreich der Ski-Weltcup seinen alljährlichen Zirkus. Stefan Luitz ist bereit für den Riesenslalom. Doch Felix Neureuthers Teilnahme ist noch unsicher
Aus Sölden Elisabeth Schlammerl
Der Prolog war ideal. Als die deutschen Riesenslalomfahrer auf dem Weg zum Training am Freitag am Weltcuphang am Rettenbachferner vorbeifuhren, glitzerte dieser bestens präpariert in der Sonne.
Während die meisten Gletschergebiete in den Alpen in den vergangenen Wochen wegen der anhaltend warmen Temperaturen noch über Schneemangel klagen, sah es oberhalb von Sölden in den Tagen vor dem alpinen Weltcup-Auftakt fast schon winterlich aus.
Der Neuschnee, der für das Wochenende angekündigt ist, würde den Skigebieten helfen. Nur dem im Ötztal im Moment nicht, weil zu viel davon die Austragung der Riesenslaloms am Samstag (Frauen) und Sonntag (Männer) gefährden könnte.
Damit beschäftigten sich Felix Neureuther und Stefan Luitz aber nicht bei ihren letzten Trainingsfahrten vor dem Auftakt zum Weltcup. Wobei es nur bei Luitz sicher ist, dass er den Riesenslalom bestreiten wird – sofern er überhaupt stattfinden kann.
Der Allgäuer, der wie Neureuther vor knapp einem Jahr einen Kreuzbandriss erlitt und damit beinahe den gesamten letzten Winter verpasste, ist auf jeden Fall bereit für sein Comeback, bei Neureuther entscheidet sich dies erst am Samstag, nach ein paar weiteren Trainingsfahrten. Ebenso bei Fritz Dopfer, der wegen einer Sehnenreizung im Adduktorenbereich zuletzt kürzer treten musste.
Dass es bei Neureuther nicht am Knie liegt, ist eigentlich eine gute Nachricht. Nach seiner Rückkehr auf die Ski im August hatte der 34-Jährige aus Garmisch-Partenkirchen sehr schnell „ein richtig gutes Gefühl“. Er habe ein paar Schritte übersprungen und sei „schnell ans Limit gegangen“. Zunächst nur auf einfachem Geläuf, in den vergangenen Wochen auch auf eisigen, ruppigen Pisten im Pitztal. Das Knie spielte stets mit, nicht aber der Rücken.
Seit Jahren hat Neureuther mit dem Kreuz mal mehr, mal weniger Probleme, und nach fast einem Jahr Pause muss der Rücken sich erst wieder an diese spezifischen Belastungen auf der Piste gewöhnen. Anders als sonst war im Sommer bewusst vernachlässigt worden, sich um die Stabilisierung des neuralgischen Körperteils zu kümmern. „Die Baustelle war ja das Knie“, sagt Neureuther.
Einerseits kann Neureuther es kaum mehr erwarten, wieder Skirennen zu fahren. Andererseits „bringt es mir nichts, wenn ich die Belastungen so steigere, dass der Rücken dann wieder schlimmer wird“ – und er womöglich den Start in Levi drei Wochen später aufs Spiel setzt.
Die Zweifel, die ihn im Sommer noch geplagt hatten, sind längst verflogen. Die Momente während der langen Reha, in denen Neureuther über Sinn und Unsinn einer Fortsetzung der Karriere sinniert hatte, „waren sehr wichtig“. Denn er habe sich sehr viele Gedanken über die Zukunft gemacht. Als er wieder auf Ski stand, zählte ganz schnell nur noch die Gegenwart. „Ich habe gemerkt, wie viel Spaß mir der Sport noch macht, und dass es sich lohnt, richtig Gas zu geben.“
Bei Stefan Luitz stand dies von Anfang an außer Frage. Weil es bereits sein zweiter Kreuzbandriss war, kannte er die Mühsal einer Reha. Schneller als Neureuther kehrte er ins Skitraining zurück und war deshalb dem Kollegen immer einen kleinen Schritt voraus.
Trotzdem hadert auch er ein bisschen vor dem Start. Denn bei den schwierigen Schneebedingungen musste er feststellen, dass doch noch nicht alles so ist wie vor der Verletzung. „Wenn man vom Ski nicht so die Rückmeldung bekommt, die man sich wünscht, wenn die Ski weggehen, ist klar, dass das Vertrauen nicht ganz da ist“, gibt er zu. Für das Auftaktrennen auf einer perfekt präparierten Piste will er sich aber nicht zu viele Gedanken machen. „Ich weiß, was ich draufhabe.“
Das weiß Neureuther eigentlich auch – wenn ihn nicht gerade der Rücken bremst.
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