Kommentar Sven-Michael Veit über Hamburgs CDU
: Orientierungslose Amateure

Wohlfeile Sprüche über Hamburgs CDU und ihr Personalproblem verbieten sich. Zu ernsthaft ist die Erkrankung von Aygül Özkan, als dass der Mensch Özkan Objekt politischer Betrachtungen sein dürfte. Ihr und ihrer Familie haben Mitgefühl und gute Wünsche zu gelten.

Dennoch: Eine Partei, die in Hamburg vor Kurzem noch regierte und in Kürze wieder zu regieren hofft, darf sich politisch und personell nicht so amateurhaft anstellen wie Hamburgs Union. Kopflos und ohne Orientierung steht sie 16 Monate vor der nächsten Bürgerschaftswahl da – der bisherige historische Minusrekord von 2015 mit 15,9 Prozent muss noch nicht der Tiefpunkt gewesen sein. Den Schwarzen in Hamburg droht ein Schicksal wie am Sonntag den Roten in Bayern.

Wer auch immer nun als SpitzenkandidatIn – vollmundig: Bürgermeisterkandi­datIn – antreten wird oder muss, tut dies als zweite Wahl. Die Chancen auf einen Wahlsieg oder zumindest auf ein Ergebnis, das eine Koalitionsoption mit der FDP und/oder den Grünen ermöglicht, sind mehr als vage. Und beim derzeitigen Aggregatzustand der Union im Bund ist auch keine Hilfe von oben zu erwarten.

Seitdem Ole von Beust 2010 die Brocken hinwarf, schwankt die Hamburger CDU zwischen Inhaltsleere und Personalnot. Der noch immer andauernde Zickzack-Kurs zwischen liberaler Großstadt-Union und Law-and-Order-Partei hat viele WählerInnen vertrieben; zudem hat diese Gockelpartei mit ihrem demonstrativen Fernhalten von Frauen von Ämtern, Posten und Mandaten nicht nur Frauen abgestoßen.

Fraglich, ob eine Muslima Özkan daran viel hätte ändern können. Ohne sie aber erscheint es aussichtslos. Die CDU hat 2020 in Hamburg keine Chance und sie hat es auch nicht anders verdient.