piwik no script img

Lieber leiser als zurzeit

Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt neue Lärmgrenzwerte – und die sind ambitionierter als die hierzulande gültigen

Windenergieanlagen machen Lärm – und der sollte nach einer neuen Richtlinie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) durchschnittlich 45 Dezibel tagsüber nicht überschreiten. Eine Geräuschentwicklung oberhalb dieses Wertes sei „mit schädlichen gesundheitlichen Auswirkungen verbunden“, heißt es in einem jetzt veröffentlichten Bericht der Organisation. Für die nächtliche Höchstbelastung spricht die WHO keine Empfehlung aus – es mangele dafür noch an aussagefähigen Studien.

Für genehmigungspflichtige Anlagen in allgemeinen Wohngebieten gilt laut dem Umweltbundesamt bei der Lärmbelastung zurzeit ein Immissionsrichtwert von 55 Dezibel tagsüber, nachts liegt er bei 40 Dezibel; daran müssen sich auch Windparks halten. Zum Vergleich: Ein flüsternder Mensch kommt auf etwa 30 Dezibel, leise Radiomusik auf 50, ein elektrischer Haartrockner erreicht 70 Dezibel, eine Kreissäge 100.

Auch für Straßen-, Schienen- und Luftverkehr empfiehlt die WHO Grenzwerte: Demnach soll die durchschnittliche Lärmbelastung durch Straßenverkehr tagsüber nicht mehr als 53 Dezibel betragen, bei Schienenverkehr nicht mehr als 54 und für Flugverkehr nicht mehr als 45; nachts sind es 45 Dezibel für den Straßenverkehr, 44 für den Schienen- und 40 für den Luftverkehr.

„Deutlicher Handlungsbedarf“

Thomas Myck, beim Umweltbundesamt zuständig für die Lärmminderung bei Anlagen und Produkten, weist auf die derzeit noch deutlich höheren deutschen Richtwerte hin: „Da besteht deutlicher Handlungsbedarf.“ Die WHO-Analyse sei ein wichtiger Meilenstein dafür, die gesetzlichen Vorgaben fortzuentwickeln.

„Übermäßige Lärmbelastung ist mehr als ein Ärgernis“, so Zsuzsanna Jakab, WHO-Regionaldirektorin für Europa. „Sie ist ein echtes Gesundheitsrisiko, das beispielsweise zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen beiträgt.“ Die Werte für Straßen-, Schienen- und Luftverkehr weichen voneinander ab, weil unterschiedlicher Lärm aus Sicht der WHO unterschiedliche gesundheitliche Folgen hat: So liefere eine Autobahn eine ständige Geräuschkulisse, ein vorbeifahrender Zug mache dagegen kurzfristig Lärm, worauf eine längere Ruhephase folge.

Neue Richtlinien hat die UN-Organisation auch für Freizeitlärm vorgelegt, also Besuche von Nachtklubs und Konzerten, aber etwa auch für Fitnesskurse und das Hören von Musik über persönliche Geräte. Die WHO empfiehlt, die Lärmbelastung im Jahresdurchschnitt von allen Quellen zusammen auf weniger als 70 Dezibel zu begrenzen – „weil Freizeitlärm oberhalb dieses Wertes mit schädlichen gesundheitlichen Auswirkungen verbunden ist“. (dpa/taz)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen