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No deal in Nauen

Keine Einigung im Prozess um Brandan­schlag auf Turnhalle

Im Revisionsprozess um den Brandanschlag auf eine geplante Flüchtlingsunterkunft in einer Turnhalle in Nauen ist es am frühen Mittwochabend zu keinem sogenannten Deal gekommen. Am vergangenen Donnerstag hatten Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung auf deren Antrag hin über eine mögliche Verständigung beraten. Danach stellte das Gericht im Falle eines reuigen Geständnisses des Angeklagten, des früheren NPD-Politikers Maik Schneider, eine geringere Strafe in Aussicht.

Schneider waren die angekündigten Strafen jedoch zu hoch, wie sein zweiter Pflichtverteidiger Jens-Michael Knaak sagte. Sollte das Gericht mit dem Strafmaß weiter nach unten gehen, sei eine Verständigung nicht ausgeschlossen.

Das Gericht hatte angekündigt, die Strafe für die Brandstiftung an der Turnhalle im August 2015 könnte auf minimal sechs und maximal sechs Jahre und neun Monate begrenzt werden. Für die Störung einer Sitzung der Stadtverordnetenversammlung sollte der Strafrahmen zwischen einem und eineinhalb Jahren liegen, das Verfahren wegen der Inbrandsetzung eines Autos könne ganz eingestellt werden. Der Angeklagte wolle sich nicht zu den vom Gericht genannten Bedingungen verständigen, erklärte Richter Klaus Feldmann zu Beginn des dritten Verhandlungstages.

Schneider war vom Landgericht Potsdam zu neuneinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Weil das Gericht einen Befangenheitsantrag aus Sicht des Bundesgerichtshofs zu Unrecht abgelehnt hatte, wird erneut prozessiert.

Neue Beweisaufnahme

Am Mittwoch begann das Gericht nach dem geplatzten Deal mit der Beweisaufnahme. Dabei ging es zunächst um Schneiders Rolle bei einer Stadtverordnetenversammlung im Februar 2015. Laut Anklage soll er diese massiv gestört haben. Auf der Tagesordnung hatte der Beschluss über die geplante Flüchtlingsunterkunft gestanden.

Schneider sei „Motivator“ eines Aufzuges von Gegnern gegen die geplante Unterkunft gewesen, sagte der ehemalige Bürgermeister von Nauen, Detlef Fleischmann (SPD), als Zeuge. Die Menschenmasse habe sich vor einer großen Glaswand des Gebäudes aufgebaut und mit Händen und Füßen gegen diese getrommelt. Dabei sei die Menge mit so einer Gewalt vorgegangen, dass die Scheibe hätte zerbersten können, so Fleischmann. Die Leute im Saal hätten sich bedroht gefühlt.

Mit Gesten habe Schneider die Menschen animiert weiterzumachen, so der Zeuge. Ob Schneider dadurch den Tatbestand der Nötigung erfüllt habe, ist aus Sicht der Verteidigung fraglich. Man müsse weitere Zeugen hören, sagte Schneiders Pflichtverteidiger Sven-Oliver Milke. Der Prozess wird am heutigen Freitag fortgesetzt. (dpa)

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