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Fake News als Vorwand

Malaysias inzwischen abgewählte Regierung wollte die Berichterstattung über den Skandal des Premiers als Fake News verbieten

Von Poovenraj Kanagaraj

Auch in Malaysia hat die Verbreitung falscher Nachrichten die Medien im Sturm erobert. Die Verbreitung von Fake News nahm vor den Wahlen im Mai noch weiter zu. Um dagegen anzugehen, hat die damalige Regierung von Premierminister Najib Razak ein Anti-Fake-News-Gesetz erlassen. Das ermöglichte die Bestrafung jeder Person, die gefälschte Nachrichten unter böswilliger Absicht teilt, verbreitet, erstellt, veröffentlicht, anbietet oder druckt.

Verstöße können mit Geldstrafen von umgerechnet bis zu 104.000 Euro und mit Gefängnis von bis zu sechs Jahren bestraft werden. Das Gesetz gegen gefälschte Nachrichten galt auch für die sozialen Medien und geriet in Konflikt mit der Meinungsfreiheit. Denn es war zugleich ein Versuch der Regierung, die weitere Berichterstattung über den 1MDB-Korruptionsskandal einzuschränken, in den Najib Razak mutmaßlich verwickelt war.

Trotz gegenteiliger Berichte aus den USA bestritt Najib Razak jegliche Beteiligung am 1MDB-Skandal. Daher wurde das Gesetz als Mittel zur Schadensbegrenzung wahrgenommen, um in den sozialen Medien die Verbreitung von Vorwürfen, die jetzt „gefälschte Nachrichten“ genannt wurden, einzudämmen. Nach den Wahlen am 9. Mai übernahm jedoch die bisherige Opposition die Regierung und hob bereits während ihrer ersten Amtstage das Anti-Fake-News-Gesetz auf. Denn laut dem stellvertretenden Minister im Büro des Premierministers, Mohamed Hanipa Maidin, habe es schon genügend Gesetze gegeben, die den Umgang mit gefälschten Nachrichten regeln.

Wahlkampfpost bei Facebook von Mahathir Mohamad mit Smartphone. Der inzwischen 93-Jährige ist wieder Malaysias Premierminister, jetzt als Kandidat der Opposition

Bisher geht die Regierung unter Berufung auf das „Kommunikations- und Multimedia-Gesetz“ von 1998 gegen gefälschte Nachrichten in den sozialen Medien vor. Dies scheint vor allem zum Vorteil der Regierung zu sein. Dabei ist in jüngster Zeit offensichtlich, dass selbst Länder wie die USA Probleme haben, die Verbreitung gefälschter Nachrichten per Face­book und Twitter zu unterbinden.

Angesichts von Software, die gefälschte Nachrichten produziert, stecken Regierungen nicht nur in den USA, sondern auch in Malaysia oft in einem Dilemma. Denn jeder Schritt zur Regulierung der sozialen Medien gilt als Einschränkung der Meinungsfreiheit. Zweifellos ist es nötig, soziale Medien in Zeiten weit verbreiteter gefälschter Nachrichten zu regulieren. Aber ein Mittelweg, der allen Seiten gerecht wird, wurde noch nicht gefunden.

Poovenraj Kanagaraj, 24, ist freier Journalist in Kuala Lumpur.

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