: „Never change a running system“
Jan Sibbersen ist Manager vom Ironman-Hawaii-Titelverteidiger Patrick Lange und nimmt selbst am Wettkampf teil. Der 43-jährige Triathlet spricht von einem bekloppten Spagat und der großen Zukunft seines erfahrenen Schützlings
Jan Sibbersen
arbeitet seit 2016 als Manager von Patrick Lange, dem Sieger des Ironman auf Hawaii 2017. Er selbst zählt zu den schnellsten Schwimmern des Ironman Hawaii und belegt die Plätze 3 und 6 in der Liste der Top Ten der schnellsten Männer in den Teildisziplinen.
Interview Frank Hellmann
taz: Herr Sibbersen, am Samstag, den 13. Oktober wird auf Hawaii der Kampf um den wertvollsten Triathlon-Titel eröffnet: Ironman-Weltmeister Patrick Lange ist dann schon mehr als einen Monat nicht mehr in Deutschland gewesen, um sich zu akklimatisieren. Wie sehen die Details der Vorbereitung aus?
Jan Sibbersen: Patrick ist am 11. September von Frankfurt nach Houston/Texas geflogen, um sich dann wieder in den Woodlands vorzubereiten. Dort ist es heiß, schwül, ja fast genauso eklig wie auf Hawaii. Was ja auch der Grund ist, dass viele andere Toptriathleten wie Lionel Sanders, Sebastian Kienle, Tim O’Donnell, Tim Don oder Javier Gomez diese Region aufgesucht haben.
Lief die Vorbereitung ähnlich ab wie 2017?
Genauso. Was gut war, soll man nicht ändern. Es gibt doch die Losung: Never change a running system (lacht). Wir haben vieles beibehalten, wobei die Trainer auch nicht immer vor Ort sein mussten. Da kann auch viel über virtuelles Coachen erfolgen, denn das System ist insgesamt eingeschliffen. Sein Lauftrainer Wolfgang Schweim schaut sich natürlich regelmäßig Laufvideos- und Daten an, muss aber dann nicht mehr dabei sein.
Es sah lange so aus, als würde Patrick Lange trotz seines Sieges um die Bürde des Favoriten herumkommen. Dafür war die Form von Jan Frodeno zu perfekt und der Sieg beim Frankfurt Ironman zu eindrucksvoll. Was verändert sich durch die verletzungsbedingte Frodeno-Absage?
Ungeachtet von Frankfurt: „Frodo“ hätte als Topfavorit gegolten. Trotzdem hat auch ein Titelverteidiger Druck, der ist so oder so für Patrick da. Aber er hätte sich sicherlich ein bisschen unter dem „Frodo“-Radar bewegen können. Jetzt werden wieder ein paar mehr Augen zu ihm schauen. Unsere Aufgabe ist es, dass der Athlet davon nicht ganz so viel mitbekommt …
… und deshalb schotten Sie ihn ab? Termine mit Patrick Lange brauchen einen langen Vorlauf.
Ja, was wir für die Medien machen, ist alles seit Längerem vereinbart und sorgsam geplant. Wir wollen keine totale Vereinnahmung gerade in der Rennwoche. Es gibt fix vereinbarte Zeitfenster für Sponsoren und Medien, aber in dieser Phase muss er Zeit haben, sich auszuruhen.
Apropos Zeit: Aus ihrem Munde stammt der Satz, dass Patrick Lange noch mehrfach den Ironman Hawaii gewinnen kann.
Seine Bilanz spricht doch für ihn: Bei fünf Ironman-Rennen ist er viermal aufs Treppchen gekommen und stand zweimal ganz oben (Texas 2016 und Hawaii 2017, Anm. d. Red.). Dadurch, dass er relativ spät erst zur Langdistanz kam, kann er mit jetzt 32 Jahren noch sechs- bis achtmal starten, wenn er gesund bleibt. Wir schielen natürlich nicht auf den vierten Platz, sondern Patrick will aufs Treppchen, aber sollte er beispielsweise Zweiter werden, dann ist das ein gewonnener zweiter Platz.
Die Leistungsdichte der weltbesten Triathleten ist enorm. Wer zählt für Sie zu den Favoriten auf Hawaii?
Der Kanadier Lionel Sanders war ja nicht umsonst Zweiter im Vorjahr und hat lange geführt: Ihn muss man immer auf der Rechnung haben. Der Brite David McNamee, Vorjahresdritter, ist nur zwei Minuten langsamer gelaufen als Patrick. Der Schwede und EM-Zweite Patrick Nilsson kann es auch, und ich muss noch Sebastian Kienle erwähnen: Er hat in diesem Jahr alles anders gemacht, startete in Roth statt in Frankfurt. Viele haben ihn nicht auf der Rechnung, aber wenn die Inselgötter mehr Wind auf die Radstrecke schicken, dann ist das seine Chance.
Und wie sehen Ihre Ambitionen auf Hawaii aus? Sie wurden mit 48:32 Minuten im Vorjahr über die 3,8 Kilometer Schwimmen auf Platz sechs gelistet.
Ich möchte wieder die schnellste Schwimmzeit schaffen. Damit meine ich Agegrouper (Altersklassenathleten) und Profis. Im Vorjahr waren nur vier Profis schneller als ich. Wenn ich das schaffe, dann war es für mich das als aktiver Triathlet auf Hawaii auch; dann kann ich das Projekt guten Herzens beenden. Denn der Spagat ist schon enorm, da das ja nur noch mein Hobby und nicht mein Hauptberuf ist.
Sie sind ja in erster Linie Manager. Wie viel Ihrer persönlichen Arbeitszeit gehen eigentlich für den Hawaii-Sieger drauf?
Das ist enorm. Ich schätze teilweise bis zu 30 oder 40 Prozent vom Wochenpensum, dazu kümmert sich eine Mitarbeiterin noch komplett um das Tagesgeschäft. Daher ist es ja fast bekloppt, dass ich mit einem Trainingspensum von einmal die Woche Radfahren, einmal Laufen und aktuell bis zu zehn Einheiten Schwimmen selbst wieder auf Hawaii starte.
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