Auch Rechte können Ökos sein

Protest gegen die Hambach-Rodung, Aufbau von Öko-Siedlungen: Umweltschutz ist nicht nur links. Naturschutzexperten veröffentlichen nun eine Handreichung, wie mit dem Phänomen umzugehen ist

Von Konrad Litschko

Ein „Wunderwerk der Natur“ sei der Hambacher Forst, schwärmen die Rechtsextremen vom „III. Weg“. Jahrhunderte alte Bäume, seltene Fledermausarten, die „ökologische Wertigkeit“: Natürlich stehe man „auf der Seite der Umweltaktivisten“, die derzeit gegen die geplante Rodung des Forstes in NRW protestieren, erklärt die Neonazi-Partei. „Es versteht sich für jeden heimatliebenden Menschen von selbst.“

Die rechtsextreme Solidaritätsadresse ist kein Einzelfall. Der „III. Weg“ propagiert schon länger den Slogan „Umweltschutz ist Heimatschutz“. In der rechten Szene wird auch das Magazin Umwelt & Aktiv gelesen, das sich mit Stadttauben oder Schweinehaltung beschäftigt – aber auch ätzt, Deutschland werde „von Zuwanderern islamischen Glaubens überflutet“, die hier Tiere schächteten. Der Magazinslogan auch hier: „Umweltschutz, Tierschutz, Heimatschutz“. Und auch der neurechte Verein Ein Prozent sucht derzeit nach „Pionieren“, die sich auf dem Land „eine neue Existenz aufbauen“ wollen. Das Ziel: die Schaffung „patriotischer Zentren“ rund um „landwirtschaftliche Projekte“, für eine naturnahe, „heimatverbundene Lebenskultur“.

Längst sind die etablierten Naturschutzverbände hellhörig. Am Donnerstag nun veröffentlichte die Fachstelle „Radikalisierungsprävention und Engagement im Naturschutz“ der Naturfreundejugend eine Handreichung zum Umgang mit dem Phänomen. Präsentiert wurde sie auf dem Deutschen Naturschutztag in Kiel. Man wolle erklären, warum sich Rechtsextreme des Themas bedienen, schreibt Fachstellen-Leiter Lukas Nicolaisen. Meist werde erst bei genauerem Hinsehen deutlich, „dass der rechte Umweltschutz oft verknüpft ist mit rassistischen, biologistischen und völkischen Ideen“.

Die Handreichung widerlegt die Annahme, dass Naturschutz per se ein linkes Thema sei. Die deutsche Umweltbewegung sei vielmehr Mitte des 19. Jahrhunderts aus einem konservativen, zivilisationskritischen Verständnis heraus entstanden, erinnert Nicolaisen. Sie lehnte das Stadtleben ab und präsentierte sich bereits als Heimatschutzbewegung. Auch das NS-Regime habe darauf mit ihrer Blut-und-Boden-Ideologie aufgebaut. Und auch heute noch engagieren sich Rechtsextreme gegen Gentechnik und Atomenergie, drängelten sich in Anti-TTIP-Proteste oder versuchen ökologische Siedlungsprojekte aufziehen – hier indes gekoppelt mit völkischer Ideologie.

Für die Rechtsextremen sei das Thema Naturschutz eine Option, „in scheinbar unverdächtigen Bereichen zu wirken und für Akzeptanz ihrer Positionen zu werben“, schreibt Broschüren-Mitautor Marius Hellwig. Nicolaisen fordert ein offensives Dagegenhalten: „Wo bleibt das politische Engagement der liberalen, der fortschrittsbefürwortenden Natur- und Umweltschützer_Innen?“ Gerade ob des aktuellen Rechtsrucks sei Neutralität keine Option. „Es wird Zeit für einen fortschrittlichen Natur- und Umweltschutz.“