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Lohndumping im Landtag

Die Mitarbeiter, die das niedersächsische Parlament bewachen, bekommen weniger Geld

„Ich fordere, dass sich die SPD an die Zusage erinnert“

Meta Janssen-Kucz, Grüne

Von Andrea Maestro

Die Gewerkschaft Ver.di kritisiert Lohndumping im niedersächsischen Landtag. „Es kann nicht sein, dass der Landtag das im eigenen Haus zulässt“, sagt Ver.di-Sprecher Matthias Büschking. In der Vorhalle des Landtags sitzen Mitarbeiter hinter einem Tresen und begrüßen Besuchergruppen. An jedem Eingang gibt es einen Posten. Dieser Sicherheitsdienst gehört jedoch nicht zur Landtagsverwaltung. Eine Fremdfirma wurde mit der Bewachung beauftragt. Seit März ist das ein neuer Anbieter und die Mitarbeiter verdienen laut Ver.di nun rund zwei Euro weniger in der Stunde. Statt 13 Euro seien es nun elf.

„Es kann nicht sein, dass das öffentlichste Haus in Niedersachsen von einer privaten Firma bewacht wird, um Geld zu sparen“, sagt Büschking. Seine Forderung: Die Mitarbeiter sollen in den öffentlichen Dienst aufgenommen werden, kurzfristig aber auf jeden Fall wieder mehr verdienen.

Die Landtagsfraktion der Grünen unterstützt das. „Der Haushalt wird jetzt beraten, aber zu diesem Thema ist nichts zu finden“, kritisiert die Abgeordnete Meta Janssen-Kucz. Während der gemeinsamen Regierungszeit habe Rot-Grün sich vorgenommen, die Mitarbeiter in den öffentlichen Dienst einzugliedern. Nur deshalb sei der neue Vertrag für die Fremdfirma nur für ein Jahr ausgeschrieben gewesen. „Ich fordere, dass sich die SPD an die Zusage erinnert“, sagt Janssen-Kucz.

Die Landtagsverwaltung hatte nach eigener Aussage keine Möglichkeit, das Lohndumping zu verhindern. Der alte Dienstleister hatte gekündigt. Eine Neuausschreibung war nötig. Die Landtagsverwaltung unterliege „den Regelungen der Landeshaushaltsordnung und damit dem Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit“, sagt Landtagssprecher Kai Sommer. Die Firma Primetec habe das wirtschaftlichste Angebot abgegeben und bekam deshalb den Zuschlag. Sollte der Landtag künftig wieder von landeseigenem Personal bewacht werden, rechnet die Landtagsverwaltung mit „deutlich höheren Kosten“.

Der Abgeordnete Wiard Siebels (SPD) findet es richtig, die Mitarbeiter wieder in den öffentlichen Dienst aufzunehmen. Dass die Mitarbeiter zwischenzeitlich schlechter bezahlt würden, sei „ein Fehlergebnis, das keiner hat herbei führen wollen.“ Eine politische Einigung mit dem Koalitionspartner CDU stehe noch aus, sagt Siebels.

Die CDU glaubt nicht, dass es möglich ist, die Mitarbeiter besser zu bezahlen oder in den öffentlichen Dienst aufzunehmen. „Auch wenn uns das Ergebnis nicht zufrieden stellen kann“, sagt der Abgeordnete Jens Nacke. Das Finanzministerium habe in der letzten Legislaturperiode deutlich gemacht, dass sozialpolitische Gründe nicht ausreichten, um den Landtag von eigenem Personal bewachen zu lassen. „Das wäre ein nicht sorgsamer Umgang mit Haushaltsmitteln“, sagt Nacke, „und damit rechtswidrig“. Zudem seien die Sicherheitsleute nicht die einzigen, die bei einer Fremdfirma angestellt sind: „Was wäre dann mit den Reinigungskräften?“

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