DAUMENKINO : „Die Qual der Wahl“
Die zwei Möpse, mit denen er so gerne durchs Stadtzentrum flaniert, passen nicht mehr ins Leben von Martin Huggins. Die schwerreichen Motch-Brüder haben den passionierten Schnauzbartträger auserwählt, den langjährigen Abgeordneten Cam Brady bei der Wahl zum amerikanischen Kongress herauszufordern. Die beiden weggesperrten, bedröppelt dreinblickenden Hunde mit chinesischem Stammbaum stehen in Jay Roachs schöner Politkomödie „Die Qual der Wahl“ für den Druck, der auf diesem neuen Mr. Smith lastet. Auch Huggins will nach Washington, wird aber von Anfang an in eine Medienmaschinerie eingespannt, der nicht nur seine beiden „kommunistischen“ Möpse zum Opfer zu fallen drohen, sondern auch jeder Begriff von politischem Handlungsspielraum.
„Die Qual der Wahl“ lebt von den beiden Hauptdarstellern: Zach Galifianakis, der unberechenbare method actor unter den amerikanischen Comedians der Gegenwart, ist wie stets mit vollem Körpereinsatz bei der Sache, legt Martin Huggins als naiven, effeminierten Tölpel ohne einen bösen, oder überhaupt nur irgendeinen, Knochen im Leib an. Und für Will Ferrell, der vor einigen Jahren in einer Sketchserie als George W. Bush brillierte („I approve this message – in fact, I think it is awesome“), ist die Rolle des jeden Skandal gnadenlos weggrinsenden Berufspolitikers Cam Brady ein gefundenes Fressen. Mit hyperventilierendem, brüchigem Elan verteilt er Faustschläge an Babys, spricht obszöne Nachrichten auf unschuldige Anrufbeantworter und erstellt das weltweit erste „campaign ad sex tape“.
Der in den Dialogen erfrischend obszöne Film greift zahllose kleinere und größere Skandale der jüngeren Vergangenheit auf, scharfe, tagesaktuelle politische Satire im Stil der „Daily Show“ sollte man dennoch nicht erwarten: „Die Qual der Wahl“ bleibt nicht nur auf Äquidistanz zu den beiden ideologischen Lagern, die die amerikanische Öffentlichkeit prägen, sondern hält sich auch die meisten brisanten Sachthemen – wichtige Ausnahme: die Wahlkampffinanzierung durch sogenannte Super PACs – vom Leib. Statt dessen geht es darum, die republikanischen Ideale mit der Mediendemokratie der Gegenwart zu konfrontieren.
Dass der Film dabei nicht in Zynismus abgleitet, ist ihm hoch anzurechnen. Allerdings sind schon einige waghalsige Drehbuchmanöver nötig, um in Zeiten aalglatter Spin-Doktoren und milliardenschwerer Lobbyisten noch an ein Happy End zu gelangen. LUKAS FOERSTER
■ „Die Qual der Wahl“. Regie: Jay Roach. Mit Will Ferrell, Zach Galifianakis u. a. USA 2012, 85 Min.