: Stress um Digitalsteuer
Ein Papier aus dem Finanzministerium über Abgaben für Internetkonzernesorgt für Unruhe. Grüne fordern, Google und Co. zügig in die Pflicht zu nehmen
Von Tanja Tricarico
Noch vor wenigen Monaten zählte die gerechtere Besteuerung von Google, Facebook und Amazon zu den Lieblingsthemen der SPD. Sogar im Koalitionsvertrag mit der Union landete die Forderung nach einer Digitalsteuer. Doch nun sorgt ein Papier aus dem Hause von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) für Wirbel. Von der „Dämonisierung der großen Digitalunternehmen“ ist da die Rede, wie die Bild zitiert. Man solle sich besser auf Maßnahmen gegen Gewinnverlagerung konzentrieren. Zudem fürchte man eine Gegenattacke für deutsche Firmen in den USA.
Auf Anfrage der taz dementierte ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums die Darstellung, dass eine Kehrtwende bei der Digitalsteuer geplant ist. „Die Bundesregierung ist überzeugt, dass die großen digitalen Unternehmen einen fairen Beitrag zur Finanzierung öffentlicher Güter leisten müssen“, sagte der Sprecher. Jedoch hätte sich der Minister noch nicht auf ein oder mehrere Instrumente festgelegt. Das Ziel einer fairen Besteuerung verfolge man weiter.
Eine Abkehr würde Scholz nicht nur innerhalb der Bundesregierung in Erklärungsnot bringen, sondern auch auf EU-Ebene. Im Frühjahr hatte die EU-Kommission vorgeschlagen, bei einem Jahresumsatz ab 750 Millionen Euro sowie einem Online-Umsatz von 50 Millionen Euro in Europa drei Prozent Ertragsteuer zu verhängen. Zwar herrscht noch keine Einigkeit innerhalb der EU-Staaten wie die Tech-Riesen stärker besteuert werden könnten. Aber Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der französische Präsident Emmanuel Macron hatten angekündigt, bis Ende des Jahres eine gemeinsame Linie zu finden.
Dass die Internet-Konzerne zügig in die Pflicht genommen werden müssen, fordert auch Dieter Janecek von den Grünen. Gegenüber der taz bezeichnete der Digitalexperte es als kurzsichtig, sollte der Vorschlag für eine Digitalsteuer „beerdigt“ werden. „Unternehmen wie Amazon, Facebook und Google fahren schließlich durch die Nutzerdaten europäischer Bürger jedes Jahr hohe Milliardengewinne ein, zahlen aber nur minimal Steuern.“
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