piwik no script img
taz logo

Benno Schirrmeister über VerlautbarungsorganeDer Bamf ums Überleben

Völlig vermeiden lässt es sich nicht: Journalist*innen laufen immer Gefahr, funktionalisiert zu werden, weil sie abhängig sind von ihren Quellen. Dass Informant*innen ihr Wissen ohne Hintergedanken preisgeben, kommt vor. Aber meist will, wer Interna durchsteckt, etwas erreichen.

Das ist nicht schlimm, solange sich die Journalist*innen dessen bewusst bleiben – und nicht alles einer, mit einseitigen Daten ausgefütterten, Story unterordnen. Also: sich bereitwillig vor den Karren ihrer Informant*innen spannen lassen, so wie’s im vermeintlichen Bremer BAMF-Skandal seit März geschah. Und weiter geschieht, wenn auch unter anderen Vorzeichen:

Im April waren es die tolldreisten Geschichten, die die herzige niederbayrische Ortsbürgermeisterin Josefa S. in der Hansestadt erlebt und aufgeschrieben hat, und die von Spiegel, Stern und dem Rechercheverbund aus NDR, Radio Bremen und Süddeutscher Zeitung begeistert abgetippt wurden – Copy & Paste ging nicht, weil der Bericht nur in Papier vorliegt. Jetzt kommt die im Frühjahr kriminalisierte Ulrike B. zu Wort: Sie sei Opfer einer Intrige gewesen. Schon im Juni hatte ihr Rechtsanwalt diesen Spin als Verteidigungsstrategie vorgetragen. Jetzt sagt sie es selbst.

Denn die Großgazetten haben endlich auch von Amts wegen mitgeteilt bekommen, dass der Skandal, den sie selbst zuvor mit Hilfe und im Sinne von Josefa S. herbeigeschrieben hatten, gar keiner war. Jetzt lässt man also Ulrike B. auftreten und die Version erzählen, die für sie günstig ist – und einen anderen Mitarbeiter des Bremer Bamf, der es auf ihren Posten abgesehen habe, belastet. Ob die Rechercheverbünde Beweise dafür haben?

Kaum: Dann hätten sie die ja genannt. Vermutlich wird nur gewartet, bis der angebliche Intrigant sich äußert, dann hat man wieder etwas zu senden und zu schreiben. Die Strategie des seriellen Erzählens ist gut, wenn es ums Überleben geht. Das kann sie 1001 Nacht lang sichern. Zur Wahrheitsfindung indes ist sie ungeeignet. Deshalb schadet sie dem Ansehen des Journalismus.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen