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Dem Verschwinden entgehen

Die Auflage der gedruckten taz ist so mies wie seit 33 Jahren nicht. Trotzdem gilt: kein Grund zur Panik

Eigentlich gibt es gar nichts zu beschönigen. Für gerade einmal 26.500 Abos zu regulären Preisen wird in dieser Woche noch die tägliche taz auf Papier ausgeliefert. Da muss man schon ziemlich lange zurück gehen, bis man auf diesen Abostand in der Geschichte der taz stößt. Genauer gesagt 33 Jahre, bis zum Dezember 1985. Danach war es weiter bergauf gegangen, bis zum Höchststand von knapp 50.000 nach der erfolgreichen Rettungskampagne „Die taz stellt die Vertrauensfrage: 5.000 Abos mehr, sonst ist am Jahresende Schluß“ im Herbst 1996. Und nun: alles wieder weg!?

Eigentlich. Und schön ist diese Entwicklung nun wirklich nicht. Aber es hat sich in der Zwischenzeit viel bewegt. Zu den Abos gab es vor 30 Jahren immer noch mehr als 20.000 Einzelverkäufe täglich an den Zeitungskiosken, sodass die insgesamt regulär verkaufte Auflage meist bei 60.000 pro Tag lag. Diese Größenordnung beschrieb über lange Jahre hinweg die Nische, für die es Platz gab für die taz im Markt der deutschen Tageszeitungen. Ist diese Nische jetzt geschrumpft? Der unaufhörliche Rückgang der Abos der täglich gedruckten taz begann mit dem „deutschen Sommermärchen“ im Jahr 2006, während dessen die Lesenden noch jedes Zeitungsprodukts in der Republik merkten, dass es gelegentlich auch ohne Zeitung geht. Und dass man mit kostenlosem Zugriff auf die Internetseiten der Verlage einen für das Stillen des Informationshungers hinreichenden Ersatz zur Verfügung hat. Spätestens seitdem schwinden die Auflagen bis sie ganz verschwinden.

Für die Absicht der taz seit ihrer Gründung vor fast 40 Jahren, mit ihrem besonderen Journalismus täglich im politischen und gesellschaftlichen Leben der Bundesrepublik Ausrufezeichen zu setzen, ist die Art, wie unser Journalismus zu Ihnen, den Lesenden gelangt, sekundär. Klassisch gedruckt – oder auf „digitalem Papier“. Denn zwar liegt der Tiefststand im Sommer 2018 um 1.239 Abos unter dem von 2017, aber dieser Rückgang schmilzt bei Berücksichtigung der anderen täglichen Zeitungsabos, die als ePaper und als Kombination von ePaper und taz am Wochenende gedruckt zugestellt werden, auf 408 Abos.

Das ist immer noch bitter, auch wenn wir damit um Längen besser liegen als der Branchentrend. Doch wenn wir nun auch noch den „virtuellen Weg“ berücksichtigen, auf welchem der taz-Journalismus über taz.de zu zahlungsfähigen und, wichtig, zahlungsbereiten Lesenden kommt, liegen wir wieder bei den 60.000, die der taz einen ausgeglichenen Haushalt bescheren und der Redaktion die Grundlage der Finanzierung ihrer Arbeit bietet. Und das im Sommerloch, in dem aufgrund Lieferunterbrechungen während der Urlaubsreisen saisonal 2.113 Abos weniger gezählt werden können als während des Rests des Jahres.

Also eigentlich doch alles nicht so schlimm! Wir wünschen allen Lesenden das Gelingen einer möglichst erholsamen Sommersaison. Spätestens zur Generalversammlung der taz-Genossenschaft am 15. September sind wir aus dem Loch wieder raus und starten in eine weitere Konjunktur im 40. Jahr des Bestehens der taz. Andreas Bull

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