Blutiger Wahlkampf in der Türkei: Drei Tote in kurdischer Kleinstadt
Ein AKP-Abgeordneter besucht die kurdische Kleinstadt Suruç. Es kommt zu Protesten und einem Handgemenge, am Ende sind drei Männer tot.
Der genaue Ablauf des Zusammenstoßes ist nach wie vor unklar und wird nun von der Staatsanwaltschaft der nahen Provinzhauptstadt Urfa untersucht. Nach Angaben von Hürriyet hat die Staatsanwaltschaft bereits drei Haftbefehle ausgestellt. Staatspräsident Erdoğan machte für den Zusammenstoß die kurdisch-linke HDP und die PKK verantwortlich. Der Gouverneur von Urfa sprach dagegen von einer Schlägerei zwischen zwei Gruppen und versuchte den Zusammenstoß politisch zu entdramatisieren.
Suruç ist eine kurdische Stadt, die der syrisch-kurdischen Stadt Kobane direkt gegenüberliegt. Im Sommer 2015 wurden dort bei einem Terroranschlag 34 junge Leute getötet und weitere 90 schwer verletzt, die sich in Suruç versammelt hatten, um Aufbauhilfe im zerstörten Kobane zu leisten. Für den Anschlag wurden Islamisten verantwortlich gemacht. Das Verhalten von Erdoğan während der Kämpfe gegen den IS in Kobane hat ihn und die AKP in Suruç verhasst gemacht. Viele Kurden dürften den Auftritt des AKP-Abgeordneten in Suruç deshalb als Provokation empfunden haben.
Die AKP versucht nun aus dem Vorfall politisches Kapital zu schlagen, indem sie die PKK und die HDP dafür verantwortlich macht. Erdoğan hatte in den letzten Tagen mehrfach bei Wahlveranstaltungen gesagt, der Kandidat der HDP, Selahattin Demirtaş, dürfe eigentlich gar nicht am Wahlkampf teilnehmen, weil er ein „Terrorist“ sei. Demirtaş sitzt seit November 2016 in Untersuchungshaft im Gefängnis in Edirne.
Die HDP und die Mitte-Links-Oppositionspartei CHP riefen dazu auf, Ruhe zu bewahren und den Vorfall nicht zu verallgemeinern. Wie angespannt die Lage ist, zeigte sich freitagfrüh in der westtürkischen Kleinstadt Kazan, wo Erdoğan-Anhänger sich versammelten, um auf das örtliche HDP-Büro loszugehen. Sie zerstreuten sich erst wieder, als die Polizei drei große Wahlplakate der HDP abhängte.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!