: Lieber nicht nach rechts schauen
Feuerwehr darf nicht nach Rassismus fragen
Von Gareth Joswig
Ein Wort fasst die Geschichte gut zusammen: Autsch. Als Schleswig-Holsteins Innenminister ist Hans-Joachim Grote (CDU) verantwortlich für totalitäre Einstellungen im Land. Dass hatte er wohl vergessen, als er in eine von der Bundeszentrale für politische Bildung mit 21.500 Euro geförderte wissenschaftliche Untersuchung grätschte. Die Feuerwehr Schleswig-Holstein wollte erheben, wie es mit rechten Einstellungen in den eigenen Reihen aussieht.
Die Umfrage sei eine „Zumutung“, behauptete Grote, nachdem sich mehrere Feuerwehrleute über angeblich „ehrverletzende“ Fragen und Aussagen wie „Wäre unter gewissen Umständen die Diktatur eine bessere Staatsform?“ oder „Ohne Judenvernichtung wäre Hitler ein großer Staatsmann“ beschwert hatten. Grote machte Druck und letztlich brach die Feuerwehr die Umfrage ab.
„Als guter Demokrat kann ich diese Fragen ruhigen Gewissens beantworten“, sagte Holger Bauer, Sprecher des Landesfeuerwehrverbandes. Viele Feuerwehrleute hatten die Fragebögen auch bereits ausgefüllt und sich nicht beschwert.
Nicht nur aus Sicht der Fachhochschul-Professorin Melanie Groß, welche die Untersuchung durchführte, ist der Abbruch der Umfrage eine vertane Chance. Das Projekt sei geeignet gewesen, um die Anschlussfähigkeit rechter Positionen innerhalb der Feuerwehr zu bewerten. Aber es sei auch darum gegangen, festzustellen, inwiefern die Feuerwehren, die männlich und weiß dominiert sind, durch ihre Maxime „Wir retten jeden“ vielleicht sogar besonders gut gegen den Rechtsruck gefeit seien, sagte Groß.
„Diese Items und Skalen kommen in der professionellen Einstellungsforschung regelmäßig zum Einsatz“ und zwar beispielsweise in renommierten und langjährigen und seit 2002 durchgeführten Mitte-Studien der Uni Leipzig, bestätigte die Bundeszentrale für politische Bildung. Besonders peinlich für den Innenminister ist, dass in jährlich durchgeführten Regionalanalysen zu rechten Einstellungen in Schleswig-Holstein ganz ähnliche Fragen auftauchen – im Auftrag des Innenministeriums. Und hier richten sich die laut Grote „unzumutbaren“ Fragen auch an Schüler*innen.
Auf erneute Rückfrage der taz ruderte Grote ein bisschen zurück: Er bestärke die Feuerwehr schon darin, ihr Engagement und selbstverständlich auch „Meinungsumfragen“ fortzusetzen. Er blieb aber bei seiner Kritik, dass sich die Aufgaben der Feuerwehr nicht mit politischen Einstellungen mischen sollten. Außerdem sei in der abgebrochenen Umfrage nur ein Spektrum von Extremismus untersucht worden. Klassische CDU-Argumentation eben.
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