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Abgesichert im Cyberspace

Die Versicherungsbranche hat sich für die neuen Datengesetze eine sehr spezielle Geschäftsidee einfallen lassen

Von Anja Krüger

Für jede, wirklich jede Lebenslage hat die Versicherungswirtschaft eine Geschäftsidee: Wer die Unterzeichnung seiner Eheurkunde so teuer feiern will wie die Windsors, kann eine Hochzeitsausfallversicherung abschließen für den Fall, dass an dem großen Tag was dazwischenkommt. Firmen, die fürchten, dass ihre Beschäftigten KollegInnen oder KundInnen diskriminieren, können seit Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (das das justiziabel macht) eine sogenannte AGG-Police kaufen. Und für Leute, die sich wegen der ab 25. Mai scharf geschalteten Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sorgen, gibt es natürlich auch etwas: die Cyberversicherung.

Datendiebstahl oder lahmgelegte Server durch Hackerangriffe können Firmen teuer zu stehen kommen, mahnen die PR-Leute der Branche. Versicherer zahlen den Schaden durch geklaute Daten und Arbeitsstillstand. Auch für IT-ForensikerInnen und Presse­arbeit nach einer Attacke gibt es Geld, wenn verärgerte KundInnen beruhigt werden müssen. Privatleute sind ebenfalls im Visier der Versicherungsverkäufer. Sie können sich mit einer Haftpflicht- oder Rechtsschutzversicherung vor „Cyber-Risiken“ schützen.

Bislang wollte die Policen kaum einer haben. Das ändert sich dank DSGVO, hoffen Branchenvertreter. „Mit Blick auf die Datenschutzgrundverordnung merken wir schon ein erhöhtes Interesse an Cyberversicherungen“, sagt Peter Graß, Cyberversicherungsexperte des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Allerdings: Zu den wichtigsten Gesichtspunkten der neuen Rechtslage gehören die Strafzahlungen und Bußgelder, die mit der DSGVO drohen. Die sind nicht versicherbar, denn das ist nicht erlaubt.

Und: Voraussetzung für den Versicherungsschutz sei ein „Mindeststandard an IT-Sicherheit“, heißt es. Der Schutz fürs Digitale funk­tioniert also wie der Schutz fürs Analoge: Entweder man passt selbst so gut auf, dass man gar keine Versicherung braucht. Oder das Risiko ist so groß, dass man erst gar keinen Vertrag bekommt. Oder kein Geld, wenn der Schaden eingetreten ist. Das ist wie mit der Reisegepäckversicherung, die nur zahlt, wenn man den Koffer keine Sekunde aus den Augen gelassen hat.

Langfristig verspricht sich die Branche trotzdem hohe Verkaufszahlen. Ihr bewährtes Mittel, um das Geschäft anzukurbeln: eine ­Umfrage bei einem Meinungsforschungsinstitut in Auftrag zu geben. Mehr als die Hälfte der deutschen Mittelständler sind einen Monat vor Scharfschalten der DSGVO völlig ­planlos, sagt Forsa, sagen die Versicherer. 36 Prozent haben sogar noch nie davon gehört. Und weitere 20 Prozent haben keine Vorbereitungen ­getroffen. „Die Mehrheit der kleinen und mittleren ­Unternehmen nimmt den Datenschutz immer noch auf die leichte Schulter“, behauptet Graß.

Wenn das mal nicht auch für die Versicherungsbranche gilt. Für kein anderes Gewerbe der alten Ökonomie sind Informationen so wertvoll. Je mehr die Unternehmen wissen, desto besser können sie einschätzen, ob sich ein Vertrag lohnt, und den Preis heben oder senken. Über Apps oder Ortungsdienste etwa im Auto erfahren die Versicherer im digitalen Zeitalter so viel wie nie zuvor über KundInnen.

Und was passiert mit den Daten? Was darf passieren? Was ändert sich für die Kunden der Assekuranz mit der neuen DSGVO? Dazu fällt dem Sprecher des GDV nicht viel ein. Nur: „Wir haben keine Probleme mit dem Datenschutz, im Gegenteil, wir sind Vorreiter beim Datenschutz.“

Na klar.

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