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Mehr Blut, Schweiß und Tränen

Bei den French Open findet die deutsche Tennisspielerin Andrea Petkovic in ihrem Auftaktmatch zu alter Bissigkeit zurück. Nach einem tiefen Sturz in der Weltrangliste will sie sich nun wieder den Top Ten nähern

Aus Paris Jörg Allmeroth

Es war der Silvesterabend 2017, als Andrea Petkovic bei einem Glas Rotwein in Brisbane saß und über das Große und Ganze nachdachte. Über ihr Leben als Tennisspielerin, aber auch über ihr Leben nach der Profikarriere. Sie entwickelte ihre Pläne und nahm sich „richtig Druck von der Seele“: „Plötzlich war das Ende auf der Tennistour für mich nicht mehr so mit Angst besetzt.“ Petkovic beschloss auch, zu ihren Wurzeln zurückzufinden, „nicht mehr alles in Frage zu stellen, wenn es mal nicht so richtig läuft“. Und vor allem noch dies: „Ich wollte wieder die kämpferische Petko sein. Eine, die ins Beißen zurückkommt. Die ums Verrecken gewinnen will, so wie als 17- oder 18-Jährige.“

Als sie am Montagnachmittag den französischen Publikumsliebling Kiki Mladenovic auf Court Suzanne Lenglen, dem zweiten French-Open-Showplatz, in zwei Sätzen besiegte, spielte Petkovic so, wie Petkovic es dringend von sich wünschte: mutig, couragiert, nervenstark, aggressiv, frech. Es war tatsächlich ein Zeitsprung in die bessere Vergangenheit, in jene Zeit, in der Petkovic als erste Deutsche in die Weltspitze aufstieg und Schlagzeilen über ein „neues deutsches Fräuleinwunder“ produzierte. „Sie hat gezeigt, dass sie immer noch großes Tennis in sich hat. Dann, wenn sie an sich glaubt“, sagte Barbara Rittner, die Frauenchefin des Deutschen Tennis Bunds.

Nicht immer ist ihr das alles gelungen seit jenem letzten Tag des alten Jahres, an dem sie ihr Leben zu ordnen versuchte. Petkovic erlebte einige große Momente, etwa bei den Australian Open, als sie Petra Kvitova in der Auftaktrunde schlug, 10:8 im entscheidenden Satz. Oft kehrten noch die bösen Zweifel zurück, nach frustrierenden Erlebnissen auf den Courts, nach Rückschlägen oder Verletzungs­pech. Ihrem hehren Vorsatz allerdings blieb sie sich treu: „Niederlagen bedeuteten nicht den Weltuntergang für mich.“

Auch, als sie sich dazu entschloss, in die zweite Liga des Welttennis herunterzusteigen, um endlich wieder regelmäßig das „Gefühl des Gewinnens“ spüren zu können: „Siege sollten etwas Alltägliches werden, nicht Niederlagen.“

Spät in ihrem Leben hatte sich Petkovic einen elementaren Fehler eingestanden, noch ein bisschen vor dem Silvesterabend in Brisbane und ihrem Zukunftsentwurf: Tennis, so fand Petkovic, habe sie immer aus den falschen Gründen gespielt. Anfangs, um zu beweisen, dass sie mit den Kerbers, Görges und Lisickis mithalten könne. Später auch mal, um zu zeigen, dass sie nach Verletzungen ein Comeback schaffen könne. „Jetzt aber spiele ich Tennis einfach nur, weil ich Tennis liebe. Weil ich dieses Vagabundenleben und die Duelle auf dem Platz mag“, sagt Petkovic. Sie hat auch Abstand vom Ehrgeiz genommen, „möglichst schön zu spielen und schön zu gewinnen“. Petkovic will nur noch gewinnen, wie, das ist ganz egal. „Denn das bin ich. Die Fighterin. Die Spielerin, die beißt und kratzt“, sagt sie, „es muss bei mir so eine Geschichte von Blut, Schweiß und Tränen sein.“

Sie kümmert sich um tausend Dinge, schreibt selbst schon in Kolumnen (SZ-Magazin) über Gott, die Welt, die Tücken der Selbstoptimierung und Identitätsfindung. Schreiben wird auch ein Teil ihrer Zukunft sein, sie will nach ihrer Karriere nach New York gehen und studieren. Aber jetzt und hier ist sie Tennisspielerin mit Leib und Seele. Und mit anspruchsvollen Vorsätzen: „Ich will noch mal an die Top 10 heran. Und ich weiß, dass es nicht unmöglich ist.“

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