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Archiv-Artikel

Arbeitslose sollen schufften

ARBEIT Unter dem Dach ihres Bundesverbandes fordern Bremer Beschäftigungsträger einen „sozialen Arbeitsmarkt“ für Langzeitarbeitslose. Die Linke findet die Idee „krumm“

„Nur ein Bruchteil der Langzeitarbeitslosen ist tatsächlich nicht vermittelbar“

CLAUDIA BERNHARD, DIE LINKE

VON SIMONE SCHNASE

„Eine Lebenslüge“ nennt Uwe Mühlmeyer, Geschäftsführer des Bremer Beschäftigungsträgers Bras e. V. die Idee, langzeitarbeitslose Menschen durch 1-Euro-Jobs in den sogenannten Ersten Arbeitsmarkt zurückzuführen. Sein Dachverband, der Verband arbeitsmarktpolitischer Dienstleister in Bremen (Vadib), fordert deshalb gemeinsam mit dem Bundesverband Bag Arbeit die Einführung eines sozialen Arbeitsmarktes in Deutschland. Für Bremen hieße das: 3.000 bis 5.000 Langzeitarbeitslose sollen sozialversichert und langfristig in den Beschäftigungsprojekten des sogenannten zweiten Arbeitsmarktes arbeiten dürfen.

Mühlmeyer nennt den Vorstoß einen „Reflex auf das Problem der Langzeitarbeitslosigkeit“, er speist sich aber auch aus Berufserfahrung: „Bras hat eine Vermittlungsquote von 19 Prozent, aber eigentlich liegt sie weit darunter, denn ein großer Teil hält es auf dem ersten Arbeitsmarkt nicht lange durch.“ Das liege nicht daran, dass die Menschen arbeitsunwillig seien: „Eine sinnvolle Beschäftigung hat etwas mit Menschenwürde zu tun und hilft nachweislich gegen depressive Erkrankungen.“ Bloß seien viele eben nicht in der Lage, die Anforderungen des regulären Arbeitsalltags zu bewältigen: „Wenn sich jemand ganz normal in einer Firma bewerben könnte, würde er das ja tun und nicht in einem 1-Euro-Job landen.“

Dass diese Jobs aber nicht nur deshalb in der Kritik stehen, weil ihre Aufgabe, Menschen in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu überführen, gescheitert ist, lässt Mühlmeyer außen vor: Der erste und zweite Arbeitsmarkt sind nicht klar voneinander getrennt. Waren diejenigen Menschen, die einst den Park gefegt haben, städtische Angestellte, sind sie heute oft 1-Euro-Jobber. Es handelt sich also vielfach nicht um „künstlich“ geschaffene Jobs für Langzeitarbeitslose, sondern um ehemals sozialversicherungspflichtige Stellen.

Solche regulären Stellen etwa durch Steuererhöhungen zu finanzieren, sieht das Konzept nicht vor – und das ist nur ein Grund, warum Claudia Bernhard, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Bremer Linksfraktion, die Idee „krumm“ findet: „Ich sage mal ganz visionär: Wenn ich könnte, wie ich wollte, würde ich 50 Millionen Euro Landesmittel bereitstellen für Stellen in den Bremer Stadtteilprojekten.“ Sie hält die Zahlen, mit denen Vadib jongliert, für übertrieben: „Nur ein Bruchteil der Langzeitarbeitslosen ist tatsächlich nicht in den regulären Arbeitsmarkt vermittelbar – den meisten fehlt schlicht und einfach Arbeit.“ Beschäftigungsträger nähmen hier regelmäßig einen Maßstab zur Grundlage, der sich an dem „durchweg deregulierten, super flexiblen sogenannten ersten Arbeitsmarkt orientiert.“

Kommunen und Länder würden massenhaft Arbeitsplätze abbauen aufgrund der Unterfinanzierung der öffentlichen Haushalte: „Dies durch einen sozialen Arbeitsmarkt auffangen zu wollen, bedeutet, dass erneut die Erwerbslosen durch untertarifliche Löhne für die Kürzung der Haushalte bezahlen sollen.“

Der angestrebte soziale Arbeitsmarkt soll sich aus den Mitteln finanzieren, die bereits vorhanden sind: „Nehmen Sie das Bremer Geschichtenhaus“, sagt Mühlmeyer. „Das erwirtschaftet Einnahmen, nämlich ungefähr 180.000 Euro im Jahr. Dieses Geld plus den Hartz-IV-Geldern plus Bettensteuer und Eingliederungsmittel ergibt in der Summe genug, um sozialversicherungspflichtige Jobs finanzieren zu können.“

„Die Intention dieser Idee ist ja nicht ganz falsch“, räumt Claudia Bernhard ein, „denn leider gehen wir in eine Richtung, in der sogar die 1-Euro-Jobs bald wegfallen.“ Mit Ursachenbekämpfung habe das jedoch wenig zu tun.