: Etiketten und Schwindel
Kommunen diskutieren über Entwicklungspolitik
Von Friederike Grabitz
In der Lübecker Touristen-Information prangt das Label „Fairtrade-Stadt Lübeck“ mit einer Figur, die an das Yin-Yang-Zeichen erinnert. Und auch an weiteren 100 Läden, Cafés und Restaurants der Stadt weist ein solches Schild darauf hin, dass sie Fairtrade-Produkte im Sortiment haben – wie den „Lübeck-Kaffee“ im rot-weißen Sieben-Türme-Design.
Als die Hansestadt das Label 2011 bekam, waren auf einem ihrer zentralen Plätze gerade rund 50.000 rotgraue Granitsteine verlegt worden – sie stammen aus China. Wie fair die Arbeitsbedingungen in den Steinbrüchen dort waren, ist nicht überliefert. Zertifiziert war der Granit nicht und der Transport ganz sicher auch nicht klimafreundlich.
Nun war Lübeck zu dem Zeitpunkt, als der Umbau des Platzes beschlossen wurde, noch nicht „Fairtrade-Stadt“. Doch das Beispiel zeigt, wie kommunale Entscheidungen und Initiativen sich global positiv oder negativ auswirken können. Mit diesem Thema beschäftigt sich vom 6. bis 8. Juni eine Konferenz, die alle drei Jahre Delegationen der Städte und Kreise mit entwicklungspolitischen Experten zusammenbringt. Die „Bundeskonferenz der Kommunalen Entwicklungspolitik“ wird organisiert von der staatlichen Organisation „Engagement Global“ und findet dieses Jahr in Lübeck statt.
Im Mittelpunkt steht der Austausch darüber, wie Kommunen ihre Arbeit sozial und ökologisch gerechter gestalten können. Mehr als 300 Teilnehmer aus ganz Deutschland werden darüber nachdenken, wie sie globale Verantwortung übernehmen, dabei Bürger einbeziehen und das finanzieren können. Auch die Agenda 2030 wird Thema sein, „fairer“ Handel und Geflüchtete, Digitalisierung und Best-Practice-Beispiele.
Vielleicht wird die ein oder andere Kommune nach dem Beispiel Lübecks zur „Fairtrade-Stadt“ werden. Schließlich, so wirbt der Initiator, die Entwicklungshilfe-Organisation Oxfam, sei mit dem Label der Umsatz an fair gehandelten Produkten deutlich gestiegen. Aber es sollte einer „Fairtrade-Stadt“ um mehr gehen als um fair gehandelten Kaffee – zum Beispiel um chinesischen Granit.
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