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Eine große Sache

Alexander Zverev gewinnt zum dritten Mal ein Masters-1000-Turnier und ist in diesem Sandplatzfrühjahr zum logischen Gegenpol von Rafael Nadal geworden

Von Doris Henkel

Seit anderthalb Jahren reist Hugo Gravil mit Alexander Zverev um die Welt. Der Franzose ist Zverevs Physiotherapeut; ein Mann, der nicht nur ein gutes Händchen beim Umgang mit wertvollen Muskeln und Sehnen hat, sondern offenbar auch einen Sinn fürs Außergewöhnliche. So tanzte er in einem Kilt auf der Silvestergala beim Hopman Cup in Perth ins neue Jahr, und so stellte er am Montag ein sehr spezielles, künstlerisch anmutendes Foto ins Netz. Es zeigte die Trophäe, die Zverev am Abend zuvor beim Turnier in Madrid gewonnen hatte, auf einem Röntgenbild der Sicherheitsschleuse vor dem Flug nach Rom. Eine ziemlich witzige Idee.

Vorgestern Madrid, heute Rom – die Tennistour kennt kein Verweilen; als Alexander Zverev und der Österreicher Dominic Thiem im Madrider Finale um den Titel spielten, war der Rest des Trosses längst in Italien zum nächsten Auftritt bei der Masters-1000-Serie angekommen. Das sind die neun wichtigsten Turniere unterhalb der Ebene der Grand Slams, und in den Siegerlisten der vergangenen 15 Jahre stehen in erster Linie die Namen der üblichen Verdächtigen: Rafael Nadal (31 Titel), Novak Djokovic (30), Roger Federer (27) und Andy Murray (14). Zverev hatte im vergangenen Jahr in Rom und Montreal seine ersten beiden gewonnen, in Madrid schnappte er sich den dritten. Keiner außerhalb des lange dominierenden Quartetts steht jetzt besser da als er, und das im zarten Alter von 21 Jahren.

Aber es war nicht nur die Tatsache, dass er eine Woche nach seinem Triumph in München den nächsten Titel gewann – im Sommer 2017 hatte er so ein Kunststück in Washington und Montreal geschafft –, imponierend war vor allem das Wie. In fünf Spielen verlor er keinen einzigen Satz, in 48 Aufschlagspielen ließ er nur einen Breakball zu, und den wehrte er ab.

Thiem, der im Viertelfinale bei einem tollen Auftritt Rafael Nadal bezwungen hatte, erwischte einen schwachen Start im Finale, und so sehr er sich danach auch bemühte, scheiterte er an Zverevs Souveränität, an dessen kompromisslosem Angriffsspiel von der Grundlinie. Es ist ja eine alte Geschichte – Zweifel und Niederlagen nähren weitere Zweifel und Niederlagen, Siege und Selbstbewusstsein hingegen führen zu weiteren Siegen und noch mehr Selbstbewusstsein.

Nach zwei Turniersiegen in Folge sind die Helden normalerweise erst mal platt

In der Weltrangliste, die nach Nadals Niederlage seit Montag wieder von Roger Federer angeführt wird, sitzt Zverev jetzt mit 1.100 Punkten Vorsprung auf den Bulgaren Grigor Dimitrov sicher auf Platz drei, in der Wertung für das ATP-Finale Ende des Jahres in London steht er hinter Federer auf Platz zwei, und vergleicht man seine Bilanz in diesem Jahr mit jener von 2017 zur selben Zeit, ist eine deutliche Steigerung zu erkennen: 26 Siege bei 7 Niederlagen sind es jetzt, 21 und 9 waren es Mitte Mai vor einem Jahr.

Der Rückenwind des Sieges von München habe ihm sicher in Madrid geholfen, meinte Zverev nach dem Finale in der spanischen Zauberkiste, der Caja Mágica. „Rom wird jetzt sicher körperlich ein bisschen schwierig werden.“ Hugo Gravils Expertise in Sachen Regeneration wird in den nächsten Tagen eine wichtige Rolle bei einem kühnen Unternehmen spielen. Nach zwei Turniersiegen in Folge sind die Helden normalerweise erst mal platt; so erging es Zverev im Sommer vergangenen Jahres, als er nach den Finals von Washington und Montreal bei der folgenden Station in Cincinnati im ersten Spiel verlor.

Beim Sieg in München verteidigte er seinen Titel aus dem Vorjahr, aber ob er einen solchen Coup auch in Rom schaffen kann? Mit dem Triumph im Foro Italico 2017 im Finale gegen Novak Djokovic hatte Zverev den exklusiven Kreis der Sieger bei den Masters-1000-Turnieren betreten. Umso ernüchternder wirkte keine zwei Wochen später seine Niederlage in der ersten Runde der French Open. Wie schon in Madrid und in Rom wird er diesmal auch in Paris an Nummer zwei der Setzliste stehen; Nadal oben an der Spitze des Tableaus, Zverev unten als Gegenpol. Ein Anblick, an den man sich im Frühling 2018 fast schon ein bisschen gewöhnt hat, der aber in Wahrheit eine große Sache ist.

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