piwik no script img

Weit und breit nix los

Am 1. Mai blieb es ruhig in Norddeutschland

Von Katharina Schipkowski

Dass es so extrem kommen würde, hat dann doch manche überrascht: Am 1. Mai ist in Hamburg absolut nichts Unvorhergesehenes passiert und nichts kaputt gemacht worden. Die Polizei spricht vom friedlichsten Einsatzverlauf seit Jahren. Dass es eher ruhig bleiben würde, war absehbar gewesen: Die Route der Revolutionären Demo „Heraus zum 1. Mai – Kapitalismus, immer noch scheiße!“ führte die Teilnehmer*innen weit weg vom Zentrum des ritualisierten Krawalls im Schanzenviertel. Stattdessen lief die von der antiimperialistischen Gruppe Roter Aufbau angemeldete Demo ins Arbeiterviertel Hamburg-Wandsbek. Und die morgendliche DGB-Demo hatte von Europas größtem Friedhof Ohlsdorf zum Museum der Arbeit geführt.

Eine feministische Vorabenddemonstration war unter dem Motto „Take back the night“ in der Walpurgisnacht mit etwa 900 Teilnehmerinnen von der Roten Flora nach St. Pauli gezogen. Mit Parolen wie „Macker gibt’s in jeder Stadt, bildet Banden, macht sie platt“ waren die Frauen über die Reeperbahn und in das umliegende Partyviertel gezogen, um sich symbolisch die von Machotypen dominierte Nacht wieder anzueignen. Männer waren von der Demonstration ausgeschlossen. Bis auf einige aggressive Pöbeleien vom Kiezpublikum blieb auch hier alles ruhig.

So schön es auch ist, dass sich immer weniger Actionkids und Krawalltourist*innen für das sinnbefreite Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei zu interessieren scheinen, so schwierig ist es zugleich für die zahlreichen taz-Reporter*innen gewesen, von den ereignislosen Demos zu berichten, ohne die Zuschauer*innen und die Online-Leser*innen zu Tode zu langweilen.

Was für ein schlechtes Timing: Da macht die taz einmal einen Multimedia-Aufschlag mit Liveticker, Periscope-Videostream und Podcast, und dann passiert einfach – nichts! Aus Wandsbek berichteten die Kolleg*innen vom Murren der Demo-Teilnehmer*innen über die schlechte Getränkeversorgung. Ein Kollege sagte im Livestream: „Mir tun die Füße weh. Wenn niemand mehr Fragen hat, dann gehe ich halt einfach nach Hause.“ Die Berliner Kolleg*innen waren zu dem Zeitpunkt wahrscheinlich schon längst tanzend auf einer Technoparty im Görlitzer Park. Die Hannover-Korrespondentin daddelte nach getaner Arbeit auf ihrer X-Box. In Hamburg erholen wir uns noch von der Ereignisflaute.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen