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Miserables Timing

Mit ManCity schwächelt wieder mal ein Guardiola-Team im entscheidenden Moment. Der von Klopp trainierte FC Liverpool läuft indes zur Höchstform auf

Aus Manchester Hendrik Buchheister

Kurz vor dem Ende der ersten Halbzeit hatte Jürgen Klopp Gewissheit, dass an diesem Abend nichts mehr schiefgehen würde für seinen FC Liverpool. So jedenfalls berichtete es der deutsche Trainer, nachdem der Einzug ins Halbfinale der Champions League geschafft war. In der 45. Minute tauchte seine Mannschaft zum ersten Mal vor dem Tor von Manchester City auf, nach einem Doppelpass mit Torjäger Mohamed Salah kam Alex Oxlade-Chamberlain aus spitzem Winkel zum Abschluss. Der Ball verfehlte das Ziel deutlich, doch für Klopp war der weitere Verlauf der Veranstaltung in diesem Moment klar. „Bei dieser Aktion hatten wir den Wirbelsturm schon überstanden, deshalb war es für mich und die Jungs leicht, die Entwicklung des Spiels vorherzusehen“, sagte er.

„Der Wirbelsturm“ war eine Hochdruckoffensive von Manchester Ci­ty, das wild entschlossen war, den 0:3-Rückstand aus dem Hinspiel noch zu drehen. Trainer Pep Guar­dio­la hatte gleich vier Stürmer aufs Feld geschickt. Die waghalsige Ausrichtung führte früh zum Erfolg. City ging in der zweiten Minute in Führung durch Gabriel Jesus und hätte noch klarer vorne liegen können. Doch Klopps Mannschaft konnte den Schaden in Grenzen halten, und als der Ansturm mit dem Ende der ersten Halbzeit überstanden war, schlugen Liverpools Angreifer Salah und Roberto Firmino zu. Mit ihren Treffern zum 2:1-Erfolg brachten sie den Klub zum ersten Mal seit zehn Jahren wieder ins Halbfinale der Champions League.

Als Klopp im Medienraum des Stadions saß, war nicht zu übersehen, wie stolz er auf das Geleistete war. „Wir haben über zwei Spiele fünf Tore gegen City geschossen und nur eines kassiert. Das ist eigentlich gar nicht möglich“, sagte er und pries den Gegner, den er soeben zum zweiten Mal innerhalb einer Woche besiegt hatte, als beste Mannschaft der Welt. Gerade deshalb hatte er keine Zweifel, dass seine Elf zu Recht im Halbfinale steht.

Die Halbfinalteilnahme ist für den Trainer der größte Erfolg seit seinem Amts­antritt im Oktober 2015. Und es ist das Ergebnis einer erstaunlichen Entwicklung. Die Elf hatte in der Vergangenheit Probleme, die richtige Mischung aus Angriff und Abwehr zu finden, sie war in der Defensive anfällig und leistete sich seltsame Einbrüche. Doch seit einigen Wochen tritt dieses Problem kaum auf. Im Hinspiel gegen City ließ das Team nicht einen Schuss aufs Tor zu, im Rückspiel blieb es bei einem Gegentreffer. Im Angriff reichen Liverpool nur wenige Aktionen, um Spiele zu gewinnen. Beim 2:1-Sieg gegen City führten drei Versuche zu zwei Toren. Klopp bilanzierte das Gesamte: „Niemand wird über Nacht zum Gewinner. Das braucht Zeit.“

„Über elf Monate hat man eben ein paar Ups und Downs“

Pep Guardiola zum Ausscheiden

Zeit und natürlich auch ein bisschen Glück. Liverpool profitierte an diesem Abend davon, dass Schiedsrichter Antonio Matéu Lahoz gegen Ende der ersten Hälfte einem Treffer von Leroy Sané die Anerkennung verweigerte, zu Unrecht. Trainer Guar­dio­la war darüber so erzürnt, dass er den Unparteiischen auf dem Weg in die Halbzeitpause mit großem Furor zur Rede stellte. Zur Strafe musste er die zweite Halbzeit auf der Tribüne verbringen.

Guardiola hat City in dieser Saison zum überragenden Team in England gemacht, doch im Moment scheint er seine Magie verloren zu haben. Das belegen das 0:3 im Hinspiel an der Anfield Road, das 2:3 – nach 2:0-Führung – gegen Manchester United am Wochenende und jetzt das 1:2 im zweiten Treffen mit Liverpool. Die Mannschaft vermag es gerade nicht, ihre Dominanz in Tore umzuwandeln, außerdem ist die Abwehr anfällig, wenn sie unter Druck gerät.

Neu ist das allerdings für Guar­dio­la nicht. Schon in seiner Zeit beim FC Bayern spielte seine Mannschaft lange Zeit herausragend, ehe sie bei den entscheidenden Spielen in der Cham­pions League schwächelte. In seinen drei Jahren in München war deshalb dreimal im Halbfinale Schluss. Manchester City brachte er diese Saison nur ins Viertelfinale, trotz angeblich mehr als 500 Millionen Euro für neue Spieler seit seiner Ankunft vor zwei Jahren. Als Erklärung für den Durchhänger verwies Guar­dio­la auf die lange Spielzeit und den vollen Terminplan: „Über elf Monate hat man eben ein paar Ups und Downs.“ Ungünstig ist nur, dass sich seine Mannschaften gern dann ihre Downs leisten, wenn die wichtigsten Spiele der Saison anstehen.

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