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Kolumne Unter LeutenUnterwegs mit „Heide-Willi“

Philipp Eins
Kolumne
von Philipp Eins

Manchmal wird Wilfried Steinmüller auch als „Heide-Papst“ bezeichnet. Er kennt sich bestens aus in der Rostocker Heide.

Gleich hinter dem Ostseestrand stehen schon die Bäume der Rostocker Heide Foto: imago/Reinhard Balzerek

E s ist ein sonniger Nachmittag, der Winter hat sich längst verzogen, und doch ist der Strand östlich von Rostock wie leergefegt. Kein Mensch weit und breit – bis auf Wilfried Steinmüller, der in einen Anorak gehüllt durch den Sand stapft. „Da liegt es, direkt vor uns“, brüllt er gegen den Wind und deutet auf einen mit Gräsern und Sträuchern bewachsenen Hügel. Dort liegt „de hohe Sung“, „die hohe Schnautze“. Es ist einer der schönsten Plätze in der Rostocker Heide, dem größten geschlossenen Küstenwald Deutschlands.

Wellen brechen sich am Ufer, der Wind rauscht in den Ohren. Der Strand ist mit grünen Stängeln und Knubbeln übersät: Salzmieren, eine Pflanzenart, die sich vom Meerwasser ernährt. Gleich dahinter erhebt sich der Wald aus Buchen, Kiefern und Eichen. Die knorrigen Stämme sind vom Wind verbogen. Bis zum Horizont reihen sich die Baumwipfel.

Ich soll eine Geschichte über die Naturlandschaft zwischen Rostock und Graal-Müritz ­schreiben. Seit mehr als 100 Jahren erholen sich hier stressgeplagte Berliner von der Großstadt. Erich Kästner kam regelmäßig zum Urlaub hierher, Franz Kafka hat in der Heide gar seine letzte große Liebe kennengelernt. Was macht ausgerechnet diesen Strand so anziehend?

Wenn einer diese Frage beantworten kann, dann Wilfried Steinmüller. Sein halbes Leben lang schreibt der Heimatkundler über die ­Rostocker Heide. Er ist so etwas wie das wandelnde Gedächtnis dieser Landschaft. „Heide-Willi“ wird er von den Anwohnern genannt. Manche sprechen gar vom „Heide-Papst“.

12.000 Hektar Wald umfasst die Rostocker Heide, zusammen mit dem Gelbensander Forst, erklärt Steinmüller. „Hier mischt sich das sauerstoffreiche Waldklima mit dem Seeklima, das sehr jodhaltig ist“, sagt Steinmüller. „Pure Naturmedizin ist das!“ So sehen das offenbar auch die Ärzte: 1880 wurden die damals noch getrennten Dörfer Graal und Müritz zu Kurorten erklärt.

Acht Meter Sand

Wir spazieren durch den Wald. Zwischen den Bäumen wuchern Gräser, Farne und Sträucher. „Wer das erste Mal hier ist, fragt immer: Wo ist denn nur die Heide? Ich seh’ nur Bäume!“, sagt er. Dabei müssen auf nährstoffarmen Heideböden nicht nur Zwergsträucher wachsen: Unter der dünnen Humusschicht, erklärt Steinmüller, befinden sich acht Meter Sand.

Sein Wissen hat Steinmüller über 30 Jahre gesammelt. So lange schreibt er schon über die Rostocker Heide – obwohl er dort gar nicht geboren ist. Er kam in Naumburg an der Saale als Sohn eines Mecklenburger Försters zur Welt. Sieben Jahre später kehrte seine Familie mit ihm an die Ostsee zurück. Heute möchte er nirgendwo anders mehr sein als hier, in Graal-Müritz an der Seebrücke. „Wo es nach frisch geräucherter Makrele duftet und die Sonne untergeht wie im Bilderbuch.“

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Philipp Eins
Freier Journalist und Gründer von EINS.STUDIO.
Themen #Ostsee
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1 Kommentar

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  • Jau. Much all weesen!

    "Ich soll eine Geschichte über die Naturlandschaft zwischen Rostock und Graal-Müritz schreiben. Seit mehr als 100 Jahren erholen sich hier stressgeplagte Berliner von der Großstadt. Erich Kästner kam regelmäßig zum Urlaub hierher, Franz Kafka hat in der Heide gar seine letzte große Liebe kennengelernt. Was macht ausgerechnet diesen Strand so anziehend?

    &

    Welcher Teil seiner Geschichte eher nich? Na der zumindest! ~>

    "…Während des Zweiten Weltkrieges wurde im Wald, etwa drei Kilometer nordöstlich von Wiethagen, auf 97 Hektar ein Auslagerungsbetrieb der Rostocker Ernst Heinkel Flugzeugwerke errichtet. Nach den schweren Bombenangriffen des Jahres 1942 hatte man die Produktion in das Umland verlegt. Dazu wurde in Oberhagen das Außenlager Rostock-Schwarzenpfost des KZ Ravensbrück errichtet. Bis zu 1500 Häftlinge, die täglich aus Oberhagen zu Fuß kamen oder aus Rostock mit dem Zug gebracht wurden, mussten hier in den Heinkel Werken arbeiteten. Am 30. April 1945 wurde das Lager geräumt und die Häftlinge in Richtung Warnemünde getrieben. Nach dem Krieg wurden die Anlagen abgebaut und als Reparationsleistungen in die Sowjetunion gebracht; die Gebäude wurden gesprengt.…"

    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Rostocker_Heide

     

    Ja wie? Hett Heide-Willi nix van vertellt?!

    Kanns mal sehn.