: Tiefer in die roten Zahlen
Die Garantie für die HSH Nordbank wird fällig: Schleswig-Holsteins Schuldenberg wächst auf 29 Milliarden Euro
Von Esther Geißlinger
„Ein bitterer Tag für unserer Land“ – immer wieder sprach Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) diesen Satz in die Mikrofone. Am Dienstag Vormittag hatte das Kieler Kabinett einen Nachtragshaushalt beschlossen, mit dem eine erste, große Summe aus der Abwicklung der HSH Nordbank in den Landeshaushalt übernommen wird. Es geht um drei Milliarden Euro. Der Schuldenstand des Landes steigt damit von 26 auf 29 Milliarden Euro. Hamburg prüft zurzeit noch, wie es seinen Teil der Altschulden begleicht.
Sunrise, Sonnenaufgang, lautet der poetische Name der Garantie, die Schleswig-Holstein und Hamburg 2009 gegeben hatten, um ihre angeschlagene Landesbank zu retten. Die HSH, einst als Kreditgeberin für die regionale Wirtschaft geplant, hatte im großen Stil in Schiffskredite und Hochrisikogeschäfte investiert und sich am Weltmarkt verzockt. In der Wirtschaftskrise rettete die Ländergarantie die Bank vor der Pleite. „Wer eine Garantie abgibt, muss damit rechnen, dass sie eines Tages eingelöst werden muss“, sagte Heinold.
Dass die Garantie fällig wird, ist seit längerem klar. Die Höhe von insgesamt zehn Milliarden Euro steht fest, Hamburg und Schleswig-Holstein tragen je die Hälfte. Weitere Forderungen könnten auf die Länder zukommen, wenn noch laufende Schiffskredite platzen. Zurzeit läuft der Verkauf der HSH an ein Hegdefonds-Konsortium unter Führung von Cerberus und Flowers. Sie übernehmen die Bank, die bisher Standorte in Kiel und Hamburg hat, aber nur, wenn die Altschulden abgeräumt sind.
Bisher wurden die Sunrise-Schulden von einer ländereigenen Anstalt, dem HSH-Finanzierungsfonds (FinFo) verwaltet. Nun überträgt Schleswig-Holstein die erste Tranche in den laufenden Haushalt. Das vergrößert auf dem Papier das Minus, birgt aber auch einen Vorteil, so Heinold: „Das Land nimmt zu günstigeren Zinsen Geld auf als die FinFo.“ Damit werden unter dem Strich mehrere Millionen Euro gespart. „Dennoch hätte ich das Geld lieber für Bildung und andere Zukunftsaufgaben ausgegeben.“
Schleswig-Holstein wendet seit mehreren Jahren freiwillig die Schuldenbremse an und konnte von seinen alten Schulden rund 900 Millionen Euro tilgen. Nun steigt die Schuldenlast wieder. Im kommenden Jahr müssen zusätzlich 45 Millionen Euro Zinsen gezahlt werden, 2020 sind es bereits 70 und 2023 sogar 120 Millionen Euro. Mittelfristig sollen auch die restlichen Milliarden aus der FinFo in den Haushalt überführt werden. Mit einem „ausgeklügelten System“ des Zinsenmanagements gelinge es, die Belastungen zu steuern, sagte Finanz-Staatssekretär Philipp Nimmermann. Auf die Frage, ob die Menschen in Schleswig-Holstein die HSH-Schulden konkret spüren würden, beruhigte Heinold: „Wir werden keine Sparprogramme aufsetzen müssen.“
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