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Und die Doro darf ins Bundeskanzleramt

Die CSU schickt Gerd Müller, Andreas Scheuer und Horst Seehofer als Minister in die neue Bundesregierung – aber auch eine Frau kriegt ein Plätzchen am Kabinettstisch

Aus München Dominik Baur

Dorothee Bär

Dorothee „Doro“ Bär wurde 2002 erstmals in den Bundestag gewählt – mit gerade mal 24 Jahren. Aber noch heute gibt sie sich betont jugendlich. Das Internet ist für sie kein Neuland. Bei Twitter hat sie schon 26.000 Tweets abgesondert, nicht nur über den FC Bayern. Computerspiele gehören zu ihrem Lieblingsthema. Schon in ihrer bisherigen Tätigkeit als Staatssekretärin im Verkehrsministerium war sie für digitale Infrastruktur zuständig. Künftig wird sie das Thema im Kanzleramt beackern – in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Fachministerien. Im Dezember wurde sie zu einer von fünf stellvertretenden CSU-Vorsitzenden gewählt und gehört jetzt zu den stärksten Frauen in der CSU.

Da steht sie nun, die personifizierte Erneuerung der CSU: sechs Männer und zwei Frauen. Es sind die Kabinettsmitglieder, die die Partei in die neue Bundesregierung entsendet, und die beiden Generalsekretäre. „Sie werden verstehen, warum ich von einer Zäsur spreche“, schwärmt Horst Seehofer. Das sei „eine andere Generation“. Blickt man jedoch nur auf die Spitzenämter, die drei künftigen Bundesminister, relativiert sich der Eindruck ein wenig: Drei Männer sind es, Durchschnittsalter: 58 Jahre.

Und doch ist Horst Seehofer mal wieder eine Überraschung gelungen. Wochenlang hat er die Ministeranwärter in der Bundestagsfraktion Reise nach Jerusalem spielen lassen – und dann im letzten Moment einfach noch einen weiteren Stuhl dazugestellt. Denn neben dem für den Parteichef reservierten Innen-, Bau- und Heimatministerium hatte die CSU zwei Ministerposten in der Großen Koalition ausgehandelt: Verkehr und Entwicklung. Dafür gab es aber drei heiße Kandidaten: Gerd Müller, der schon in der vergangenen ­Legislaturperiode das Entwicklungsministerium geführt hatte, Generalsekretär Andreas Scheuer, Seehofers treuester Knappe auch in harten Zeiten, den es nach Jahren als Generalsekretär zu belohnen galt, und Dorothee Bär, ihres Zeichens nicht nur jung, sondern vor allem Frau.

Rein rechnerisch gestaltete sich die Angelegenheit daher schwierig. Die nun gefundene Lösung: Scheuer wird Verkehrsminister, Müller bleibt Entwicklungsminister, und Bär wird – Staatsministerin im Kanzleramt für Digitalisierung. Ein Posten, den Seehofer der Kanzlerin im letzten Moment noch abgerungen hat. Ist ja zumindest dem Namen nach auch eine Art Ministeramt. Damit wären alle, wie man in Bayern sagt, aufgeräumt, und Bär würde zwar über kein eigenes Ministerium verfügen, aber dafür ein „Zukunftsthema“ besetzen. Außerdem hat die CSU noch zwei junge Männer als Staatssekretäre im neuen Kabinett: Thomas Silberhorn (Verteidigung) und Stephan Mayer (Innen).

Andreas Scheuer

Ja, das ist der mit dem Fußball spielenden senegalesischen Ministranten, den man nie wieder abgeschoben bekommt. Das Paradebeispiel eines CSU-Generalsekretärs: ist sich für nichts zu schade, jederzeit zum Angriff bereit – und seinem Chef treu ergeben. 43 Jahre alt, stammt aus dem niederbayerischen Passau. Promoviert hat er in Prag, sein Doktortitel wird allerdings in den meisten Bundesländern nicht anerkannt, weshalb er ihn nicht mehr trägt. Wie Bär sitzt auch Scheuer schon seit 2002 im Bundestag. Auch er war schon mal Staatssekretär im Verkehrsministerium. Politisch ist er mit Amtsvorgänger Alexander Dobrindt auf einer Wellenlänge, mit einer Neuausrichtung der Verkehrspolitik ist eher nicht zu rechnen.

Durch Scheuers Wechsel in die Regierung wird das Amt des Generalsekretärs frei. Das soll nun sein bisheriger Stellvertreter Markus Blume übernehmen, der sich mit der Ausarbeitung eines neuen CSU-Grundsatzprogramms Meriten und Seehofers Gunst verdient hat. Da Blume selbst Landtagsabgeordneter ist, soll seine Stellvertreterin künftig aus dem Bundestag kommen: Daniela Ludwig.

Die wichtigste Personalie heißt natürlich noch immer: Seehofer. Der verlässt nun endgültig das Paradies. Denn Seehofer hatte immer behauptet, Bayern sei die Vorstufe zum Paradies, wahlweise sogar das Paradies selbst. Warum um alles in der Welt verlässt man es dann? Das wurde der scheidende Ministerpräsident auch in der vergangenen Woche bei einem Besuch des Münchner Presseclubs gefragt. „Das ist eine der Fragen, die Sie anderen stellen müssen“, entgegnete Seehofer. Es entstand eine kleine Pause. „Ach so, das war die Antwort“, sagte Presseclub-Chef Peter Schmalz dann enttäuscht.

Gerd Müller

Als bayerischer JU-Chef hatte er schon mal die Todesstrafe für Drogendealer gefordert, heute jedoch gehört der 63-jährige Schwabe zu den gemäßigten Kräften innerhalb der CSU. Seit 1994 sitzt er im Bundestag, seit 2013 als Entwicklungsminister im Kabinett. In dieser Funktion machte er eine gute Figur, besonders auch im Kontrast zu seinem Vorgänger Dirk Niebel von der FDP. Überwiegend positive Resonanz fanden seine Vorschläge für die künftige Förderung afrikanischer Staaten, der „Marshallplan mit Afrika“. Damit steht er für das, womit andere nur argumentieren, wenn es um ein härteres Vorgehen gegen Flüchtlinge geht: die Bekämpfung von Fluchtursachen.

Nun ist die wirkliche Antwort nicht völlig unbekannt. Seehofer geht schließlich nicht freiwillig. Sondern auf Druck vor allem der CSU-Landtagsfraktion, die ihn all die Jahre mehr geduldet als geschätzt hatte. Solange Seehofer der Erfolgsgarant seiner Partei war, ging das Zweckbündnis leidlich gut, doch mit dem desaströsen Ergebnis bei der Bundestagswahl war es um die Einheit geschehen.

Und dann rang sich Seehofer im Presseclub doch noch ein paar Sätze zu den Umständen seines Abgangs ab: „Da springt die Logik aus den Gleisen“, sagte er, und dass es schwer verständlich sei, „warum ich in Bayern gehen soll, aber in Berlin unverzichtbar bin“. Dann erwähnte er noch die „ganz erhebliche Demontage“ seiner Person durch Heckenschützen aus der eigenen Partei, aber man werde von ihm keinen Kommentar dazu hören. „Das ist Geschichte.“

Markus Blume

Die Entscheidung, dass Markus Blume neuer CSU-Generalsekretär werden würde, war gerade erst raus, da twitterte der Grünen-Bundestagsabgeordnete Dieter Janecek schon: „Zur Nominierung von @ MarkusBlume als neuen Generalsekretär möchte ich die @CSU ausnahmsweise mal beglückwünschen.“ Smiley.

Blume entspricht eben nicht dem Bild des klassischen CSU-Wadenbeißers. In die Riege von Vorgängern wie Stoiber, Söder und Scheuer passt er nicht. Der 43-jährige Landtagsabgeordnete aus München gilt als intellektueller Kopf mit geringer Bierzelteignung. Er ist höflich im Umgang, leise im Ton. Selbst Kollegen der Opposition loben den höflichen und sachlichen Stil des Diplompolitologen.

Jetzt will er „mit Stil und Anstand“ sein Amt übergeben. Er wolle nicht abrücken wie die Amerikaner aus Saigon, mit dem Hubschrauber vom Dach der Staatskanzlei. Das darf man ihm glauben. Es ist dennoch interessant, was für Assoziationen so ein scheidender Regierungschef hat, wenn er das Feld seinem größten Widersacher in der eigenen Partei überlassen muss.

Mit Ablauf des 13. März werde er sein Amt abgeben, sein Landtagsmandat voraussichtlich im April, erklärt Seehofer am Montag. Schon am 14. März soll das neue Kabinett vereidigt werden. Theoretisch könnte am selben Tag auch schon der Bayerische Landtag Markus Söder zu Seehofers Nachfolger wählen.

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