Kommentar von Stefan Alberti zu strengeren Regeln für Leihräder
: Die Grenzen
des
Wachstums

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Stefan Alberti

ist Redakteur für Landes-politik

Schärfere Regeln soll es geben für Leihräder, eine richtige Satzung sogar, also ein ganzes Machwerk aus Verwaltungsvorschriften. In Berlin? In der Hauptstadt des Laissez-faire? Passt nicht wirklich zum gern kultivierten Bild der coolen, entspannten Welt-Metropole. Geht aber nicht anders. Denn den Radverkehr in Berlin steigern zu wollen, ist eine Sache. Unabdingbar dazu aber gehört, das Ganze geordnet verlaufen zu lassen.

Ging doch vor Jahrzehnten schon in Amsterdam auch ohne jede Regelei, mag jetzt der eine oder andere sagen. Damals stellten die dortigen Alternativen, die Provos, überall in der Stadt weiße Fahrräder auf, sie waren kostenlos zu benutzen. Ging aber nur eine Zeit lang: Dann waren die Räder kaputt oder lagen in der Gracht.

Räder geben ein schönes Bild ab, in Berlin wie in Amsterdam. Aber sie sind ein Ärgernis, wenn sie Menschen auf dem Bürgersteig den Weg blockieren, vor allem jenen, die Platz brauchen: Rollstuhlfahrer, Nutzer von Rollatoren, Kinderwagenschieber. Wenn der Radverkehr gleichberechtigt mit dem Autoverkehr sein soll, dann müssen für ihn auch dieselben strengen Regeln gelten wie für Autos. Dazu gehört: Parken nur, wo es erlaubt ist – nicht zum Selbstzweck, sondern um den öffentlichen Raum einigermaßen gerecht aufzuteilen. Was auch voraussetzt, dass auf Busspuren parkende Autos grundsätzlich abgeschleppt werden.

Das alles gilt umso mehr in der wachsenden Stadt, die nicht nur in jeder zweiten Politiker-Rede vorkommt, sondern mit volleren Bussen und Bahnen und Wohnungsbau an jeder dritten Ecke real existent ist. Wenn aus den derzeit rund 10.000 Leihrädern tatsächlich in Kürze über 30.000 werden, stellt sich jenseits des korrekten Parkens grundsätzlich die Frage der Grenzen des Wachstums. Was der Club of Rome im Großen formulierte, gilt im Kleinen auch für Leihräder: Irgendwann stehen zu viele auf den Bürgersteigen herum. Denn die wachsen nicht mit in der wachsenden Stadt.