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Nordkorea zeigt sich bereit zu Kompromiss

Pjöngjang kündigt an, seine Atom- und Raketentests für die Dauer von Verhandlungen mit den USA zu unterbrechen. Ein Gipfeltreffen mit Südkorea ist für April geplant

Einmal Hände­schütteln, bitte: Kim Jong Un (l.) und Chung Eui-Yong, Chef einer südkorea­nischen Delegation Foto: KCNA/reuters

Aus Seoul Fabian Kretschmer

Es war zweifelsohne ein historischer Tag auf der Koreanischen Halbinsel: Als die südkoreanische Delegation am Dienstag nach ihrem Besuch in Pjöngjang wieder nach Seoul zurückkehrte, hatten sie ausgesprochen hoffnungsvolle Nachrichten im Gepäck. Nordkorea hätte einerseits versichert, seine Raketentests während der Dauer der Verhandlungen auszusetzen. Zudem soll bereits Ende April ein Gipfeltreffen zwischen dem südkoreanischen Präsidenten Moon Jae-in und seinem Konterpart Kim Jong Un im sogenannten Freiheitshaus entlang der Demarkationslinie stattfinden.

Der entscheidende Wendepunkt ist jedoch ein anderer: Nordkorea sei laut eigenen Angaben dazu bereit, sein Atomprogramm zur Diskussion zu stellen. Die Order soll von Kim Jong Un höchstpersönlich stammen. Bisher hat das Regime stets darauf bestanden, über seine Atomwaffen grundsätzlich nicht debattieren zu wollen. Insofern bietet sich derzeit eine einmalige diplomatische Chance.

„Die nordkoreanische Seite hat seinen Willen zur Denuklea­risierung klar zum Ausdruck gebracht“, heißt es in einer Stellungnahme des südkoreanischen Präsidialamts. Das Regime hätte keinen Grund, sein atomares Waffenarsenal beizubehalten – solange die Bedrohung gegen das Land eingestellt und seine Sicherheit garantiert werde.

Was sich das Regime in Pjöngjang verspricht, ist relativ offensichtlich: Einerseits wird Kim Jong Un darauf pochen, dass der Süden seine, gemeinsam mit den US-Streitkräften abgehaltenen, Militärübungen einstellt oder zumindest stark reduziert. Die Militärübungen deutet Nordkorea als Vorbereitung zur Invasion. Die nächsten Drills waren ursprünglich für die Zeit nach den paralympischen Winterspielen geplant, die bis Ende März in Pyeongchang stattfinden werden. Südkorea hat jedoch in den letzten Tagen angedeutet, dass es bereit wäre, die Militärübungen weiter zu verschieben.

Gleichzeitig verspricht sich Kim Jong Un einen glaubhaften Nichtangriffspakt der Amerikaner, möglicherweise auch Reparationszahlungen für den Koreakrieg (1950–1953). Sein Atomprogramm sieht der nordkoreanische Machthaber als eine Art Lebensversicherung, das ihn vor einer US-geführten Militärinvasion à la Irak oder ­Libyen schützen soll.

Vor allem in Washington wird man skeptisch auf das Verhandlungsangebot Nordkoreas blicken und die Aufrichtigkeit des Regimes anzweifeln. Es wird erwartet, dass Südkoreas führender Sicherheitsberater Chung Eui-yong und Geheimdienstchef Suh Hoon bald in die USA entsandt werden, um Donald Trump von ihrem Treffen in Pjöngjang zu unterrichten. Präsident Trump hatte in der Vergangenheit wiederholt gesagt, dass er zu direkten Gesprächen mit Kim Jong Un bereit wäre – jedoch nur „unter den richtigen Bedingungen“.

Kim Jong Un verspricht sich einen glaubhaften Nichtangriffspakt der Amerikaner

Nordkorea müsse laut Ansicht der US-Regierung aufrichtige, erste Schritte unternehmen, um seine Bereitschaft unter Beweis zu stellen. Ein temporärer Stopp von Atom- und Raketentests wird von der Regierung in Seoul als erster Vertrauensbeweis gedeutet.

Beim innerkoreanischen Zusammentreffen am Montag ist Kim Jong Un erstmals auf hochrangige Regierungsbeamte des Südens getroffen. Die Annäherung resultiert aus Nordkoreas Charmeoffensive während der Olympischen Winterspiele in Pyeongchang, dessen Eröffnungsfeier auch Kims jüngere Schwester Kim Yo Jong beiwohnte.

Das letzte innerkoreanische Gipfeltreffen fand im Jahr 2007 statt und sorgte für einen humanitären und wirtschaftlichen Austausch sowie Familienzusammenführungen der während des Koreakriegs getrennten Verwandten.

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