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wortwechsel„Tischlein, deck dich!“ Reicht’s noch für alle?

Notbremsung der Essener Tafel: neue Registrierungen nur noch für deutsche Bedürftige. Rassistisch? Überforderte Ehrenamtliche? Buhleute für miserable Armutspolitik?

Stehen bleiben! Hat jede Jacke hier den richtigen Pass? Foto: Roland Weihrauch/dpa

„Hobby“ Tafel?

„Deutsche Oma zuerst“, „Mit bunten ­Karten gegen die Armut“, taz vom 23. und 27. 2. 18

Eure zwei Artikel zur Problematik bei der Essener Tafel lassen mich sprachlos zurück. Ehrenamtliche, also Leute, die statt Abhängen, Fitnessstudio oder Shoppen ihre freie Zeit lieber damit verbringen, Essen für die Ärmsten unseres reichen Landes zu organisieren und auszugeben, stoßen auf Probleme und lösen sie vielleicht nicht optimal. Vielleicht. Noch mal: Es geht um Essen. Da die Ärmsten im Land der schwarzen Null, denen es sogar an Essen mangelt, überraschenderweise immer mehr werden, stoßen die Freizeitgestalter (also die mit dem „Hobby“ Tafel) an Grenzen, und müssen irgendwie ihre(?) Probleme lösen.

Was lese ich dazu in der taz? Ein Interview mit der Essener Stadtverwaltung, wie sie das Problem des Elends in der Stadt endlich angehen will? Eine Stellungnahme der Bundesregierung, warum sie nicht ein Sofortprogramm auflegt, um die Kommunen bei den immer greller sichtbaren Problemen zu unterstützen? Nein. Stattdessen gibt es am 23. Februar eine halbe Seite Aufschrei, wie ausländerfeindlich die Essener Tafel ist oder scheinen könnte, und eine Reihe exzellenter Tipps, wie die Hobbyleute „ihr“ Problem doch viel besser hätten lösen sollen. Am 27. Februar erscheint ein weiterer Artikel, der noch mal das ausgeklügelte System der Ehrenamtlichen-Tafeln erläutert, das sie für die Verwaltung des Elends entwickelt haben. Eindrucksvoll! Und nur im allerletzten Satz kann man einen zarten Hinweis herauslesen, dass das Ganze vielleicht doch nicht nur das Problem von Freizeitgestaltern sein sollte. Da kann sich unser „Sozialstaat“ freuen, dass er eine so kritische Presse hat. Um Unklarheiten zu vermeiden: Ich bin selbst in der Flüchtlingshilfe aktiv. Ursula Schauer, Beverstedt

„Mit bunten Karten gegen die Armut“, taz vom 27. 2. 18

Schieflage

Ich finde es schon etwas befremdlich, wenn sich die Bundesregierung nun durch Bundeskanzlerin Merkel oder Sozialministerin Barley (SPD) kritisch zur Entscheidung der Essener Tafel äußert. Wer hat denn diese sozialen Missstände in unserem Lande erst geschaffen und zu verantworten? Das ist doch vor allen Dingen die SPD mit ihren unsozialen Hartz-IV-Gesetzen, auf die diese Entwicklung zurückgeht. Das ganze Land ist in einer sozialen Schieflage, denn viele Hartz-IV-Jobber und arme Rentner können sich kaum mehr richtig ernähren und sind auf solche ehrenamtlichen Helfer bei den Tafel-Initiativen angewiesen. Da hat Frau Wagenknecht mit ihrer pragmatischen Einschätzung schon vollkommen recht, wenn sie die Konkurrenzsituation von armen Deutschen und armen Ausländern scharf kritisiert und anprangert!

Dass dies in einem reichen Land wie Deutschland überhaupt möglich ist, hat diese Bundesregierung voll zu verantworten. Eine Fortsetzung dieser Politik mit einer Neuauflage der Groko sollte deshalb in unser aller Interesse unbedingt verhindert werden! Thomas Henschke, Berlin

Fake News?

Die Essener Tafel schließt keine Ausländer aus. Die Essener Tafel hat eine Quote von maximal 75 Prozent Ausländer_innen eingeführt. Man kann gut über die Ungerechtigkeit von Quotenregelungen diskutieren. Es sind aber schlicht Fake News, bei einem Anteil von 75 Prozent Ausländer_innen davon zu sprechen, dass Ausländer ausgeschlossen werden. Velofisch auf taz.de

Weg mit § 219 a!

„Schluss mit der Schikane!“, taz vom 22. 2. 18

Danke für Ihre Titelseite vom 22. Februar und den Kommentar von Dinah Riese. Beim Lesen verspüre ich eine Riesenwut, die immer wieder hochkommt, wenn ich über diesen unsäglichen, Frauen verachtenden Paragrafen lesen muss.

Meine (illegale) Abtreibung ist nun fast 40 Jahre her, und noch immer ist jeder Moment davon frisch im Gedächtnis – die Ängste, die Demütigungen, die Abhängigkeit von den involvierten Männern (= der „Vater“ und der abtreibende Arzt), die Schuldgefühle. Wann werden Frauen endlich die gleichen Rechte gewährt? Wie lange sollen wir noch warten? Weg mit 219 a. Und Dank an die mutigen Ärztinnen und Ärzte, die Gesicht zeigen. Name ist der Redaktion bekannt

It’s a man’s world

„Wie müssen hoch potent sein“, taz vom 15. 2. 18

#MeToo auch Berlinale-Thema. Richtig so. Die Tatsache, dass Männer Frauen belästigen, bedrohen, angreifen, unterdrücken muss noch erheblich stärker ins öffentliche Bewusstsein gerückt werden. In derselben taz-Ausgabe, Seite 4 und 5: Antisemitismus, wichtiger Artikel. Was fehlt: Es sind überwiegend Männer, die jüdische Menschen belästigen, bedrohen, angreifen, unterdrücken.

Seite 6: Ungesunder Herrenklub – Männer haben Strukturen installiert, in denen nur Männer nach oben kommen oder Frauen, die sich wie Männer ­benehmen. Oben drüber Söder, daneben, hinter ihm seine Frau. Was hast du bloß aus diesem Mann gemacht?, steht da als ­Frage und Feststellung. Warum hat sie nichts aus sich gemacht?, wäre die richtige Frage. Sie hat das Denkver­mögen, er die große Klappe? Parteien sind für große ­Männerklappen gemacht?

Dann Seite 7: Bei den Sozis kämpft Frau Nahles demnächst mit dem selbstverliebten Olaf Scholz. Auch nach 154 Jahren hält die Sozitruppe an ihrer Männlichkeit fest.Seite 10: Die korrupte Männertruppe des ANC um Zuma stolpert wohl demnächst – und wird natürlich von Männern abgelöst.

Und als Höhepunkt dann die potenten Jungs von Seite 13: Was sollen diese vier Männergeschichten eigentlich sagen oder belegen? Die berechtigten Klagen von Frauen relativieren?

Johannes Hauenstein, Berlin

Eine Liebesgeschichte

„Dieser Sommer der ersten Liebe“, taz vom 1. 3. 18

Johannes Bluths zustimmende Besprechung von „Call Me by Your Name“ macht sehr neugierig auf den Film des Regisseurs Luca Guadagnino!

Schade nur, dass Johannes Bluth die Vorlage des Films nicht erwähnt: Mit seinem Roman „Ruf mich bei deinem Namen“ (Kein & Aber, 2008) hat André Aciman eines der großartigsten Bücher der letzten zwanzig Jahre geschrieben; eine Liebesgeschichte, die jeder alle Jahre wieder, einmal im Sommer lesen sollte, um träumend jung zu bleiben. Michael Schroeder, Ortenberg

„Marlies Krämer vs. Das Patriarchat“, taz vom 21. 2. 18

Bleiben Sie standhaft

Bravo Frau Krämer, bleiben Sie standhaft. In den 70er Jahren lehnte meine Tante eine ihr zustehende Beförderung bei der Stadt Krefeld ab, weil sie den Titel „Amtsmännin“ nicht tragen wollte. Nach meinem Kenntnisstand gibt es diesen Titel heute nicht mehr. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg. Simon Kunkel, Krefeld

Männer und Sparkassen

Soso, die alten Männer der tollen Provinzsparkasse aus Sulzbach können und wollen sich also nicht bewegen. Weil es angeblich zu kompliziert sei, halten sie an der ausschließlich maskulinen Anrede fest.

Den Männern kann leicht geholfen werden: für die nächsten 50 Jahre einfach immer nur die weibliche Form der Anrede wählen – für alle Bankberaterinnen (m/w) und Direktorinnen (m/w) und Anlageberaterinnen (m/w) und, und, und. Ich bin sicher, innerhalb von wenigen Monaten gäbe es urplötzlich doch eine Anrede für Frauen und für Männer, so wie sie im Jahre 2018 sein soll.

Wetten nehme ich gerne an. Uwe Barkow, Frankfurt am Main

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