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Feiern ohne Freibier

Die Bürgerschaft beschließt heute, den Tag der Reformation am 31. Oktober zum Feiertag zu machen. Drei andere Vorschläge sind ehrenwert, der von der AfD allerdings nicht

Von Sven-Michael Veit

Das Ergebnis steht bereits fest, dennoch will die Hamburgische Bürgerschaft zuvor zweieinhalb Stunden über einen neuen Feiertag für Hamburg diskutieren. Fünf Anträge für vier verschiedene Feiertage liegen für die Sitzung am heutigen Mittwochnachmittag vor. Der Fraktionszwang ist aufgehoben, alle dürfen nach ihrem Gewissen abstimmen. Am Ende wird es, so legen es die Mehrheitsverhältnisse nahe, der Reformationstag werden.

31. Oktober

Für diesen Feiertag sprechen sich 65 Abgeordnete von SPD, Grünen und CDU sowie die fraktionslose Abgeordnete Nebahat Güclü aus. Sie betonen die Notwendigkeit eines „breiten gesellschaftlichen Konsenses“ für einen zusätzlichen Feiertag. Diesen bietet nach ihrer Überzeugung der „Tag der Reformation“. Das 500. Reformationsjubiläum im vorigen Jahr, als der 31. Oktober erstmals bundesweiter Feiertag war, habe eben nicht die Spaltung der christlichen Kirchen gefestigt, sondern sei Vorbild gewesen für „den Weg zur Ökumene und zum interreligiösen Dialog“, so der Antrag.

Darüber hinaus solle es eine „norddeutsche Lösung“ werden. Wegen der Stadtstaaten Hamburg und Bremen erstreckten sich die Wohn-, Schul- und Arbeitsorte vieler Familien über zwei Bundesländer, deshalb sei eine grenzüberschreitende Lösung notwendig. In Mecklenburg-Vorpommern ist der 31. Oktober bereits Feiertag, Schleswig-Holstein und Bremen haben dieses kürzlich beschlossen, Niedersachsen visiert diesen Tag ebenfalls an. „Damit ist klar: Ein Konsens im Nordverbund erscheint nur für den 31. 10. erreichbar“, so der Antrag.

In der 121-köpfigen Bürgerschaft haben die 66 BefürworterInnen dieses Tages eine sichere Mehrheit. Sollten sie sich erwartungsgemäß durchsetzen, muss sogleich ein reales Problem gelöst werden: Der 31. Oktober ist in diesen Jahr als Sitzungstag des Parlaments vorgesehen. Über eine Verlegung werde aber, so die Auskunft der Bürgerschaftskanzlei, erst nach einem entsprechenden Beschluss nachgedacht.

8. März

Der Weltfrauentag wird von elf Frauen und vier Männern aus SPD, Grünen und Linken favorisiert. „Als Symbol der Gleichberechtigung und Emanzipation“ könnte er „geschlechter- und generationenübergreifend und über viele gesellschaftliche Milieus hinweg ein Tag der Solidarisierung sein“, vergleichbar dem 1. Mai als Tag der Arbeit. Zudem wurde vor 100 Jahren, 1918, in Deutschland das Frauenwahlrecht eingeführt.

8. Mai

Den Tag der Befreiung vom Hitler-Faschismus wollen acht Abgeordnete der Linksfraktion als Feiertag gewürdigt wissen. Er sei von „herausragender historischer Bedeutung“ und würde den „demokratischen Neubeginn“ betonen, den es „in den aktuellen Auseinandersetzungen gegen die politischen Kräfte zu verteidigen“ gelte, „die die Vielfalt der Gesellschaft und ihr friedliches Zusammenleben infrage stellen“.

23. Mai

Für den Tag des Grundgesetzes sprechen sich zwei Gruppen aus, mit gegenläufigen Begründungen. Neun SozialdemokratInnen wollen mit diesem Feiertag die Überwindung der Diktatur und den Wiedergewinn der Demokratie feiern sowie ein Zeichen für Freiheit, Humanismus und Vielfalt setzen.

Sechs Mitglieder der AfD-Fraktion hingegen finden, ein zusätzlicher Feiertag sei „wie Freibier“, das anschließend alle bezahlen müssten. Wenn es aber schon einen neuen Feiertag geben solle, müsse dieser „positiv besetzt sein“. Das gelte aber „nicht für den 8. Mai als Markierung des Kriegsendes“ und für den Weltfrauentag auch nicht. Dann lieber der Grundgesetztag 23. Mai, der alle Menschen vereine, „die in Deutschland leben. Dazu gehören auch die, die das bisher noch nicht wussten, aber wissen sollten“. Was immer das bedeuten soll.

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