: Ab 2020 sollen Roboter-Taxis rollen
Der Senat plant in Zusammenarbeit mit der VW-Tochter Moia den selbstfahrenden öffentlichen Nahverkehr. Für Kritikerinnen und Kritiker bleiben viele Fragen offen
Von Leif Gütschow
In dem Science-Fiction-Film „Total Recall“ von 1990 will der von Arnold Schwarzenegger gespielte Held Douglas Quaid in einem selbstfahrenden Taxi vor seinen Verfolgern flüchten. Den vermeintlich einfachen Befehl, endlich loszufahren, versteht das Fahrzeug nicht und fragt nach dem Ziel der Fahrt. Der hemdsärmelige Quaid muss den steuernden Androiden herausreißen, um die Kontrolle über das Fahrzeug zu gewinnen.
Knapp 30 Jahre später ist das autonom agierende Fahrzeug nicht mehr reine Fiktion: Die VW-Tochter Moia will in Kooperation mit der Hochbahn den autonomen Verkehr in Hamburg über Pilotprojekte angehen. Noch dieses Jahr soll es die ersten Testläufe für Elektrobusse geben, die auf sechs Fahrgäste ausgelegt sind. Zunächst sollen die Busse noch ohne Passagiere und mit einem Fahrer, der im Notfall eingreifen kann, anrollen.
Laut Verkehrsbehördensprecherin Susanne Meinecke verfolgt Hamburg das Ziel, autonomes Fahren bis 2030 „großflächig, und mindestens auf dem Hauptverkehrsstraßennetz zu ermöglichen“. Sicherer, effizienter und sauberer solle der Verkehr durch die autonomen Fahrzeuge werden. Ab 2020 sollen die ersten Busse vollständig autonom fahren.
Das vom Bund und der Hochbahn getragene Projekt „Heat“ (Hamburg Electric Autonomous Transportation) stößt jedoch auf Kritik. Heike Sudmann von den Linken spricht mit Blick auf den 2021 in Hamburg stattfindenden ITS-Weltkongress für intelligente Verkehrssysteme von „vermeintlichen Leuchttürmen“. Sudmann befürchtet einen Parallelverkehr, der mit vielen Autos nur wenigen Fahrgästen Raum biete. „Es sollte endlich eine breite öffentliche Diskussion über Sinn und Unsinn dieser Maßnahme geben“, findet sie.
Auch der Hamburger ADAC-Sprecher Christian Hieff hält die Pläne für nicht ausgereift: „Da werden noch Jahrzehnte ins Land gehen, bis das alles etabliert ist“, sagt Hieff. Dass ab 2020 die ersten Busse vollständig autonom fahren, ist für Hieff schlichtweg „unmöglich“. Schon die Frage der Haftung nach einem Unfall der selbstfahrenden Autos sei noch ungeklärt.
Ab Herbst 2018 sollen die ersten Elektro-Busse noch mit Fahrer und ohne Passagiere getestet werden.
Die erste vollständig autonome Fahrt ist ab 2020 geplant
.
Bis 2030 soll das automatisierte Fahren im Stadtgebiet etabliert sein.
Darüber hinaus, warnt Hieff, seien ethisch-moralische Grundprobleme nicht gelöst. Ein Mensch handele im Gegensatz zur Maschine am Steuer intuitiv. Damit zusammen hänge die Frage, wann der Mensch sich selbst oder doch andere in einer brenzligen Verkehrssituation in Gefahr bringe: „Welcher Algorithmus entscheidet das?“ Hier würden nicht weniger als „die Kernfragen des Menschseins“ berührt.
Christoph Ziegenmeyer, Sprecher der VW-Tochter Moia, hält sich hier bedeckt. Welche Fragen vor dem autonomen Verkehr geklärt werden müssten, könne er derzeit noch nicht beantworten. Sicher aber sei, dass das Projekt in Hamburg ausschließlich mit ausgebildeten Fahrern gestartet werde. Diese „bilden einen wichtigen Teil unseres Serviceversprechens“, sagt Ziegenmeyer. Entsprechend werde viel Wert auf Auswahl und Schulung der Fahrer gelegt, denn diese würden im Konzept „noch längere Zeit eine zentrale Rolle“ spielen.
Behördensprecherin Meinecke erwartet, dass die Akzeptanz für den autonomen Verkehr mit der Erfahrung der Bürgerinnen und Bürger wachsen wird. Dafür müsse man transparent, „und nicht mit Angst arbeiten“. Deshalb werde es schon bald Informationsveranstaltungen zu den Planungen geben, kündigt Meinecke an.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen