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Hajo Schiff Hamburger KunsträumeAufruf zum Widerstand

Das Abfeiern historischer Revolten, aktuell 50 Jahre „1968“, macht schmerzhaft bewusst, wie wenig aufsässig die meiste aktuelle Kunst ist. Ja, es gibt Ausnahmen. Gerade erst wurde im Kunsthaus vehement eine finanzielle Besserstellung der Künstler durch allgemeine Ausstellungshonorare und erhöhte Stipendien gefordert. Aber bitte: Mehr Staatsknete? Früher ging es mindestens um die Revolution, und zwar sofort. Na ja, hat auch nicht geklappt.

Aber die Älteren erinnern sich und versuchen die Flamme weiterzugeben: Am Mittwoch ruft der Kunstkritiker Hanno Rauterberg zum „Widerstand!“ auf und spricht über „Kunst und Politik in Zeiten des Populismus“. Der zur Frührenaissance mit all ihren Auseinandersetzungen promovierte stellvertretende Ressortleiter des Zeit-Feuilletons veröffentlichte unter anderem ein Buch über die Ethik der Ästhetik und warnte zuletzt vor der um sich greifenden Kunstzensur. Die Veranstaltung im Rahmen einer ganzen Reihe kunsttheoretischer Diskussionen im Künstlerhaus Sootbörn beginnt um 18.30 Uhr.

Am Donnerstag zeigt sich dann die ganze Bandbreite der Kunst zwischen alter Pracht und junger Kunstforschung. Da lockt die Eröffnung der Ausstellung mit 40 Gemälden und ebenso vielen Papierarbeiten des sensualistischen Malers Thomas Gainsborough (1727–1788) in der Kunsthalle, eine in diesem Umfang noch nie in Deutschland gezeigte Präsentation eines der größten Meister der englischen Kunst. Geht es dabei auch um die soziale Bedingtheit von Natur, geht es zum anderen örtlich und inhaltlich ganz auf der anderen Seite dessen, was mit Kunst ausdrückbar ist, um die Natur sozialer Bedingtheiten: Im Kunstverein Harburger Bahnhof eröffnet zeitgleich die Schau „Das Stockholm-Syndrom“. Videoarbeiten von vier Künstlerinnen erforschen die Mechanismen von Verführung und Manipulation und wie diese sich in Formen von Arbeit, Gemeinschaft und Architektur in den Alltag einschreiben.

Allerdings scheint Harburg manchen ja schon so weit weg wie Hannover. Die oft als dröge empfundene niedersächsische Hauptstadt war zu Zeiten von Kurt Schwitters in der Kunst mal ganz vorn. Nun wird am dortigen Sprengel-Museum ein neuer Aufbruch gefeiert: Der Kunstkritikerverband Aica wird am Sonntag das Haus zum „Museum des Jahres“ ernennen.

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