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Burn-out mit Fragezeichen

Dschungelcamp-Reise einer Lehrerin wieder vor Gericht

Von Philipp Schulte

Drei Wochen Australien können schön sein. Besonders im Januar, wenn es in Deutschland stürmt, regnet und die Kälte die Wangen beißt. Auf der Südhalbkugel herrscht ja dann Sommer, 35 Grad und mehr. Kein Wunder, dass Viktoria V. 2016 ins Land der Aborigines und des Dschungelcamps reisen wollte.

Ja, genau, die RTL-Reality-Show „Ich bin ein Star – holt mich hier raus!“. Bei der hat in besagtem Jahr V.‘s Tochter Nathalie aus Nienburg an der Weser mitgemacht. Die 48-jährige Mama wollte ihr 21-jähriges Kind, die irgendwann irgendeinen Platz bei der Fernsehshow „Germanys Next Topmodel“ belegte, jedoch nicht allein reisen lassen. Das Problem: Sie ist Lehrerin und es standen keine Schulferien an.

Deshalb ließ sie sich krankschreiben und stieg in den Flieger. Daraufhin hat die Schule sie suspendiert und die Staatsanwaltschaft Soltau Anklage erhoben. Das Amtsgericht verurteilte Mutter Viktoria im März 2017 zu 9.800 Euro Strafe – wegen des Gebrauchs eines falschen Gesundheitszeugnisses. Dagegen hat die Pädagogin, die im Januar dieses Jahres wieder einen Monat lang als Lehrerin gearbeitet hat, Berufung eingelegt. Das Verfahren findet am Donnerstag vor dem Landgericht Lüneburg statt. Es sind drei Verhandlungstage bis zum 6. März angesetzt.

Das Gericht hört wie schon bei der Verhandlung am Amtsgericht mindestens zwei Ärzte, die Volk ein Burn-out attestiert hatten. Die Mathe- und Physiklehrerin sagte stern.de, sie sei erschöpft gewesen, da sie parallel an zwei Schulen unterrichtet habe.

Nicht förderlich war jedoch, dass Viktoria V. in Australien TV-Interviews gab und bereits im Oktober 2015 einen Antrag auf Sonderurlaub für das Camp gestellt hatte. Die Richtern urteilte, dass Volk die Ärzte getäuscht habe. Der Ausgang im Berufungsverfahren ist Stefan Stodolkowitz, Pressesprecher des Landgerichts Lüneburg, zufolge offen. Auch ein Freispruch sei möglich.

Eigentlich könnte sich Viktoria V. die knapp 10.000 Euro Strafe bei dem 60-jährigen Multimillionärsfreund ihrer Tochter, dem Hamburger Medienunternehmer Frank Otto, borgen und die Sache ruhen lassen. Doch ob sie schuldig ist oder nicht, hat wohl auch Auswirkungen auf die Disziplinarklage der Schulbehörde, die das Landgericht Lüneburg im Juni unabhängig vom Strafverfahren verhandelt. Die Schulbehörde möchte sie loswerden, sodass auch V.‘s Pension auf dem Spiel steht. Wobei – die könnte Otto doch auch bezahlen!

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