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Ein fragwürdiges Denkmal

„The Disaster Artist“ von James Franco würdigt den Kultregisseur Tommy Wiseau

Von Michael Meyns

Als James Franco vor ein paar Wochen den Golden Globe als bester Hauptdarsteller für seine Darstellung in „The Disaster Artist“ erhielt, betrat er die Bühne und begann seine Dankesrede damit, dass er Tommy Wiseau – den Mann, den er im Film verkörperte – zu sich auf die Bühne bat. Unter dem Jubel des Publikums bahnte sich der wie immer ganz in Schwarz und mit Sonnenbrille gekleidete Wiseau den Weg nach vorn und trat ans Mikrofon. Doch als er etwas sagen wollte, wurde er von Franco brüsk vom Mikrofon ferngehalten, als hätte er eine Grenze überschritten.

Einerseits verständlich, schließlich hatte gerade Franco einen Preis gewonnen und nicht Wiseau, andererseits aber auch ein zutiefst bezeichnender Moment, der die Dynamik zwischen Subjekt und Objekt auf eine Weise entlarvte, die auch im Film selbst immer wieder unangenehm spürbar ist.

Dieser Film, von Franco selbst inszeniert, ist ein biografischer Film über die Entstehung eines Films, der in Amerika Kultstatus hat. Nicht weil er so gut oder wichtig wäre, sondern weil er als einer der schlechtesten Filme aller Zeiten gilt. „The Room“ heißt dieses Werk, das eine tragische Dreiecksbeziehung verhandelt, und wurde von Tommy Wiseau praktisch im Alleingang hergestellt. Als Schauspieler hatte Wiseau in den 90er Jahren keinen Erfolg und so nahm er die Dinge selbst in die Hand, zumal sein Bankkonto gut gefüllt war. Warum, das ist eines der Rätsel, die sich um die Figur Wiseau ranken, an denen Franco in seinem Biopic allerdings kein Interesse hat.

Sein Fokus liegt auf den Dreharbeiten zu „The Room“, die er teilweise minutiös nachstellt, in denen er Wiseau als gleichermaßen megalomanischen wie egozentrischen Menschen schildert, der weder Talent noch gesunden Menschenverstand hat. Dennoch gelang es Wiseau, einen Film fertigzustellen. Einen Film, der zwar unprofessionell und krude ist, aber immerhin.

Warum gerade „The Room“ sich in den letzten 15 Jahren zu einem Kultfilm entwickelt hat, der immer wieder in Mitternachtsvorführungen gezeigt wird und im Laufe der Jahre tatsächlich sein Budget wieder eingespielt hat, ist eines der Rätsel der Popkultur. Allerdings auch nicht rätselhafter als der Erfolg, den Menschen vom Schlage einer Kim Kardashian haben.

Mangel an Empathie

Doch auch an der Natur von Erfolg in Zeiten der sozialen Medien, von Oberflächlichkeit und Banalitäten scheint Franco wenig Interesse zu haben. Stattdessen ergeht er sich darin, die scheinbare Absurdität von Wiseaus Versuch, als Regisseur zu reüssieren, aufzuzeigen. Denn wenn so ein offensichtlich untalentierter Mensch versucht, einen Film zu machen, dann ist das offenbar zum Schießen.

Sicherlich ist Wiseau der Letzte, der nach Mitleid verlangt, doch rechtfertigt das einen derartigen Mangel an Empathie? Im Abspann seines Films zeigt Franco nebeneinander Szenen aus „The Room“ und dieselben Szenen, wie sie von ihm und seinen berühmten, erfolgreichen Hollywood-Kollegen nachgestellt wurden. Sehr gute Schauspieler sieht man da also, wie sie sich redlich bemühen, nicht gut zu spielen.

Lustig soll das sein, aber es ist nur entlarvend. Entlarvend für die Grundhaltung eines Films, der vorgibt, einem ohne Frage nicht besonders talentierten Regisseur ein Denkmal zu setzen, ihn als Menschen ernst zu nehmen – und sich am Ende doch nur über ihn lustig macht. Tommy Wiseau ist so in gewisser Weise Anlass und Thema einer Party, auf der er jedoch selbst nur willkommen ist, solange er ruhig bleibt.

„The Disaster Artist“. Regie: James Franco. Mit James Franco, Dave Franco u. a. USA 2017, 104 Min.

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